Endlich aufgewacht
In Deutschland wohnen 1,5 Millionen Menschen weniger als angenommen. Allerhöchste Zeit, Deutschlands Familien zu unterstützen. Merkels Vorstoß ist daher goldrichtig.

Sie tun es nicht für Väterchen Staat und auch nicht zur Sanierung der Sozialsysteme. Aber sie tun es noch weniger, wenn sie immer mehr gesellschaftlich benachteiligt werden. „Niemand bekommt aus finanziellen Gründen Kinder, aber viele bekommen aus finanziellen Gründen keine Kinder“ – diese eherne Grundregel der Demografie scheint langsam, aber immer mehr auch politischen Entscheidungsträgern und medialen Meinungsbildnern bewusst zu werden. Schon vor der Veröffentlichung der alarmierenden Zahlen des neuen Mikrozensus hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der vergangenen Woche die Initiative ergriffen. Im „CDU-TV“ hatte die Kanzlerin am 28. Mai mit einer Reihe von Anrufern über die fehlende Wertschätzung für die Erziehungs- und Bildungsleistungen der Familien und insbesondere von Großfamilien mit mehr als zwei Kindern gesprochen. Umgehend forderte die CDU-Chefin eine Erhöhung des Kinderfreibetrags und des Kindergeldes um 35 Euro und gab die Einführung einer Mütterrente mit der Anrechnung von Erziehungszeiten auch für die Mütter von Kindern, die vor 1992 geboren wurden, als politisches Ziel aus. Dann platzte die auf Basis einer tiefenscharfen Hochrechnung erstellte Bevölkerungsstatistik in den Vorwahlkampf; sie verstörte die einen und weckte andere auf. Denn die auf Basis der letzten Volkszählung von 1987 hochgerechneten Zahlen erwiesen sich als viel zu optimistisch und falsch. In Deutschland leben 1,5 Millionen Menschen weniger als angenommen und die Bevölkerung ist auch insgesamt älter als geschätzt. Viele Planungen beruhen auf Fehlannahmen und manche Kommune, wie etwa Berlin, erhält künftig auch weniger Geld zugewiesen oder muss gar zu viel vereinnahmte Zuschüsse zurückzahlen.