Der Friedensvertrag, der keinen Frieden verträgt
Der Sudan befindet sich am Vorabend der Entstehung eines neuen Staates. Während der Norden weiterhin auf Gewalt setzt, auch wenige Tage vor dem Referendum, entsteht im Süden eine Einparteiendemokratie, die zunehmend mit schlechter Regierungsführung und Korruption in Verbindung gebracht wird.

Der Südsudan erfährt vorbehaltlose internationale Unterstützung. Dies mag moralisch gerechtfertigt sein, entspricht aber nicht dem politischen Anspruch der Friedensverhandlungen. Zur Erinnerung: John Garang, der Gründer der SPLM, kämpfte für die Schaffung eines "neuen Sudans“. Eckpunkte waren Selbstbestimmungsrecht, demokratische Staatsführung, Rechtsstaatlichkeit und die Gleichberechtigung aller Religionen und Kulturen im gesamten Sudan. Die USA strebten ein schnelles Ende des Krieges an, die Bush-Regierung griff direkt in die Verhandlungen ein. Religionsfreiheit sowie die universelle Achtung der Menschenrechte wurden unverbindliche Empfehlungen für die Menschen im Norden. Fragen der zwischenstaatlichen Beziehungen blieben ungelöst. Im Rahmen einer "Zwei-Staaten-Lösung“ wird der Bürgerkrieg als beendet erklärt werden. Ob dies auch zu einem nachhaltigen Frieden führen wird, bleibt mehr als fraglich. Die Teilung des Sudans bringt für den Norden nachhaltige Veränderungen mit sich. Die Friedensverhandlungen haben die Führung der NCP (National Congress Party) geschwächt, Gerüchte über Putschversuche häuften sich Ende 2004. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Intervention der internationalen Gemeinschaft und die Unterzeichnung des Friedensabkommens das politische Überleben von Präsident Al Bashir gesichert hat. Der innenpolitische Preis war die Suspendierung des "islamischen Projekts“ im Süden. Außenpolitisch wurde die Gefahr eines extern initiierten "regime change“ durch die Zusammenarbeit von Al Bashir mit den USA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus gebannt.