„Vom Abbau der Handelsschranken profitieren alle“
Die europäische Integration hat allen Beteiligten Vorteile geboten – wenn auch nicht gleichermaßen. Oliver Borgis spricht mit The European über Fehlallokationen von Kapital, den Fallstrick des Euros und den Sonderfall Griechenland.

*The European:* Herr Borgis, die Bertelsmann-Stiftung hat vor Kurzem eine Studie veröffentlicht, die überschrieben ist mit: „Dänemark und Deutschland größte Gewinner der europäischen Integration“. Kann man das so pauschal überhaupt sagen? *Oliver Borgis*: Pauschalisieren sollte man das nicht. Die Studie stellt auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ab. Andere Dimensionen bleiben außen vor. Das betrifft zum Beispiel Gesundheit, Bildung und Umwelt, aber auch Frieden, Freizügigkeit und politischer Einfluss in der Welt als ideelle Werte, die über Wachstumseffekte hinausgehen. Neben nicht-ökonomischen und schwer quantifizierbaren Facetten fehlt beispielsweise eine niedrigere Zinsbelastung aus der Staatsverschuldung als Vorteil, der bares Geld wert ist und nicht nur an seiner Wachstumswirkung gemessen werden kann. Aber auch wenn man den begrenzten Blickwinkel berücksichtigt, so resultiert das Top-Ergebnis Deutschlands aus einer mir streitbar erscheinenden Methodik. Ich bin überzeugt, dass die europäische Integration positive ökonomische Effekte hat. Aber die dürften in der ein oder anderen Volkswirtschaft mit einem höheren Öffnungsgrad als Deutschland durchaus größer gewesen sein. Ein allgemeineres Fazit der Studie ist, dass, mit der Ausnahme Griechenlands, die europäische Integration allerorts zugenommen hat und davon auch allgemein wirtschaftlich profitiert wurde.