Warum man für seinen Job nicht brennen muss
Überall heißt es, man solle seinen Job mit „Leidenschaft“ ausüben. Dabei zeige jede Folge von „Deutschland sucht den Superstar“, was Leidenschaft mit der Frage zu tun habe, ob jemand seine Arbeit gut mache: nichts. Viele Startups zeigten, dass Leidenschaft nicht unbedingt ein Erfolgsgarant sei.

__Volker Kitz, Feierabend! Warum man für seinen Job nicht brennen muss. Eine Streitschrift für mehr Gelassenheit und Ehrlichkeit im Arbeitsleben, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2017, 93 Seiten.__ Als ich das Buch vor einigen Tagen im Kaufhaus sah, war ich sofort neugierig, weil der Titel nahelegt, dass der Autor eine Gegenthese zu meinem eigenen Buch („Wenn du nicht mehr brennst, starte neu!“) vertritt. Ich lese manchmal gerne Texte, die genau das Gegenteil dessen vertreten, was ich denke. Manchmal wird dann allerdings ein Buchverriss daraus, so wie etwa jüngst bei dem Buch von Justizminister Maas. Doch dieses Buch hat keinen Verriss verdient. Ganz im Gegenteil. Es enthält viele wichtige, kritische Gedanken über unsere Arbeitswelt, über die Selbstdarstellung von Unternehmen und zu den wirklichkeitsfremden Vorstellungen vieler Arbeitnehmer. Die zentrale These des Autors: Die Meinung, jeder Job müsse den, der ihn ausübt, mit Begeisterung erfüllen, jeder müsse seine Arbeit mit Leidenschaft tun und seinen Beruf als Berufung empfinden, für die er brennt, ist unrealistisch. Sie führt zu überzogenen Erwartungshaltungen und damit zur Unzufriedenheit, die gar nicht sein müsste, wenn sich die Menschen dazu entschließen würden, das Berufsleben realistischer zu sehen. „Nicht die Arbeit macht Menschen unglücklich, sondern die Lügen, die wir uns darüber erzählen.“ (S. 9). Arbeiten gehöre nun einmal für die meisten Menschen nicht zu den Tätigkeiten, die sie am glücklichsten machten. Die Glücksforschung zeige, dass sich Menschen am glücklichsten fühlen (in dieser Reihenfolge), wenn sie Sex haben, mit anderen Menschen gesellig sind, essen und Sport treiben. „Arbeiten steht auf der Liste nicht vorne, sondern hinten.“ (S. 9). Nach Umfragen des Gallup Institutes identifizieren sich nur 15 Prozent aller Beschäftigten mit ihrem Unternehmen, brennen für ihren Job. Diese Zahlen seien seit etwa 15 Jahren unverändert. Doch die Unternehmen verstrickten sich mit ihren „Employer Branding“-Kampagnen in immer unrealistischere Versprechen, die zu überzogenen Erwartungshaltungen führten und damit eine Quelle der Frustration seien.