Was nun, Israel?
Während die US-Regierung unter Barack Obama um ihren neuen Kurs gegenüber Israel und dem Hardliner Benjamin Netanjahu ringt, muss sich auch Deutschland positionieren. Doch wieviel Gewicht sollte der Antrittsbesuch von Guido Westerwelle tatsächlich eingeräumt bekommen?

Im Februar dieses Jahres errang das rechte/ultraorthodoxe Lager unter dem Likud-Vorsitzenden Benjamin Netanjahu einen Wahlsieg. Die von Ministerpräsident Netanjahu gebildete Sechs-Parteien-Koalition, der auch die Arbeiterpartei Ehud Baraks angehört, ist weltanschaulich und ideologisch heterogen zusammengesetzt. Nach eigenen Angaben ist das Hauptaugenmerk der neuen Regierung die Sicherheitspolitik Israels in Bezug auf Iran sowie die Palästinenser. Barack Obamas Kairo-Rede, in der Israel explizit aufgefordert wurde, sich für eine Zwei-Staaten-Lösung einzusetzen, setzte den als Hardliner geltenden Netanjahu unter großen politischen Druck. In seiner außenpolitischen Grundsatzrede an der Bar-Ilan-Universität stimmte Netanjahu das erste Mal der Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates zu. Kritiker behaupten jedoch, dies sei bloß eine neue Friedensrhetorik als Verpackung für die alte Kompromisslosigkeit in den Endstatusfragen: kein Stopp der Siedlungstätigkeit und keine Teilung Jerusalems. Die arabische Welt lehnte die Rede ebenfalls als inakzeptabel ab, während sich Obama zufrieden äußerte, zugleich aber weitere Schritte forderte. Nach erfolglosen Bemühungen des US-Nahost-Sondergesandten George Mitchell um eine Wiederaufnahme des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses im Rahmen der sogenannten Pendlerdiplomatie nimmt Friedensnobelpreisträger Obama die Suche nach einem Nahost-Frieden in die Hand. Er lud zum Dreiergipfel, an dem der US-Präsident sowie Ministerpräsident Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September in New York teilnahmen und sich grundsätzlich auf eine Wiederaufnahme der seit über einem Jahr unterbrochenen Friedensgespräche einigten. Das Treffen wurde vom Nahost-Quartett (dem die UNO, die EU, die USA und Russland angehören) als "bedeutender Fortschritt" im Friedensprozess gewertet; es sei ein wichtiger Schritt hin zur Aufnahme von direkten und bilateralen Verhandlungen. Dennoch bleibt festzustellen, dass beim Gipfeltreffen in New York, trotz großer Hoffnungen, keine greifbaren Ergebnisse erzielt wurden. Derweil hat der US-Gesandte Mitchell eine neue Nahost-Gesprächsrunde begonnen, um so eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche und des Friedensprozesses zu erreichen. Doch der Zwei-Staaten-Lösung steht bislang auch die Siedlungspolitik Netanjahus entgegen.