Europa - Geburtswehen eines neuen Imperiums
Das neue Europa, beginnend mit der Gemeinschaft für Kohle und Stahl bis zur Europäischen Union gibt immer noch Rätsel auf: ist es auf dem Weg zu einem normalen Staat, bleibt es ein staatsähnliches Gebilde »sui generis«, ein Staatenverbund oder sollte es ein loser Zusammenschluss souveräner Staaten sein.

Entscheidend wird sein wie der Rückblick in 50 oder 100 Jahre die Entwicklung der Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg beurteilen wird. Und dieser Rückblick wird m.E. zu dem Ergebnis kommen, dass die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts und die ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts durch die Geburtswehen eines neu auf die Weltbühne tretenden globalen Players, einer neuen modernen Supermacht bzw. eines neuen globalen Machtgebildes oder eben eines neuen Imperiums mit globaler Ausstrahlung und Wirkung gekennzeichnet waren. Die Indizien für eine derartige Entwicklung sind eindeutig, wenn nicht erdrückend: es beginnt damit, dass die EU bereits heute den Raum seines gemeinsamen Rechtes »souverän« definiert, seine Grenzen zunehmend gemeinsam sichert, seine Interessen gegenüber anderen globalen Mächten gemeinsam vertritt und von den anderen großen Mächten zunehmend als der Partner verstanden wird, mit dem man »reden« muss. Zwar spielen die großen Europäischen Staaten immer noch eine bedeutende Rolle aber diese Bedeutung wird bereits heute im wesentlichen dadurch gespeist, dass sie Mitglied der EU sind. Hinzu kommt, dass die Ergebnisse der bisherigen europäischen Politik aus Sicht der »Weltgemeinschaft« als außerordentlich erfolgreich, wenn nicht sogar als vorbildlich beurteilt werden. Nicht mehr allein die USA sondern längst wird global auch das neue Europa, seine politische und wirtschaftliche Stabilität, seine Methoden der Konfliktbewältigung, seine soziale Dimension und seine Umweltstandards als »benchmark«, als Vergleichsstandard verstanden, mit dem man sich messen muss. Europa verfügt in diesem Sinne bereits heute über eine global attraktive Ausstrahlung, die - eine weitere gute Entwicklung vorausgesetzt - noch zunehmen wird.