Unverstanden zu den Akten
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Fragt man Zeitgenossen wenige Wochen nach dem Papstbesuch in Deutschland, was davon geblieben ist, kommt man ins Staunen. Von den etwa 20 Ansprachen, die Benedikt XVI. gehalten hat, sind nur Spurenelemente übrig.

Im Bundestag, das ist Konsens, hat er mit einer brillanten Rede jene blamiert, die ihm die Zuhörerschaft verweigerten. Der Inhalt aber war so anspruchsvoll, dass heute kaum noch jemand zu rekapitulieren vermag, was er sagte. Was hängen blieb, ist das mit Ironie gewürzte Lob für die Grünen. Die von Benedikt vorgeschlagene „Ökologie des Menschen“, für die er warb, um die Denktradition des Naturrechts im 21. Jahrhundert wieder salonfähig zu machen, ging hingegen unter. Noch ungenauer ist die Erinnerung an die ökumenischen Ansprachen in Erfurt. Bei den wenigen, die sein Lob des Gottsuchers Martin Luther im kleinen Kreis registrierten, machte schnell das Wort von der „überraschenden theologischen Rehabilitierung Luthers“ die Runde. So weit aber war Benedikt nun doch nicht gegangen.