„Die anderen beißen halt kurz ins Taschentuch“
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Bayern eckt an – kein Problem für Edmund Stoiber. Der ehemalige CSU-Kanzlerkandidat erinnert sich im Gespräch mit Thore Barfuss an den Besuch beim japanischen Kaiser, berichtet, wie amerikanische Basketballer Lederhosen-Sprüche verkraften und weshalb seine Bayern eine gewisse Anarchie in sich tragen.

*The European: Herr Stoiber, glauben Sie, dass Bayern aus politischer Sicht das wichtigste Bundesland ist?* Stoiber: Jedes Land würde das doch gerne von sich behaupten. Bayern ist aber sicherlich eines der wichtigsten Bundesländer für Deutschland. Von daher zitiere ich Kanzlerin Angela Merkel, die erst unter vier Augen, dann im kleinen Kreis und später öffentlich gesagt hat: „Wäre es überall so wie in Bayern, dann wäre es sehr gut.“ *The European: Dabei steht Merkel nicht im Verdacht, besonders bayernfreundlich zu sein.* Stoiber: Sie schätzt und liebt das Land. Ich werde nie vergessen, wie sie 2002 meiner Einladung auf die Wiesn folgte und nach der Eröffnung vor sehr selbstbewusstem und feierfreudigem Publikum feststellte, dass Bayern schon ein sehr eigener Kosmos sei. Und da ist ja auch sehr viel Wahres dran. Alles in allem blicken wir auf eine über tausendjährige Staatstradition. Die Wittelsbacher haben vom 12. bis zum 20. Jahrhundert das Land regiert, und das spürt man allenthalben. Ein sehr guter Freund und Partner war Erwin Teufel – der mit Baden-Württemberg ja auch einem wichtigen Bundesland vorstand. „Ich kann das so nicht“, hat er immer zu mir gesagt, wenn ich mich in Diskussionen auf einen starken bayerischen Standpunkt berufen habe. „Bei uns gibt es zwar auch eine gewisse Identität, aber eine solche Staatstradition haben wir halt einfach nicht“, meinte er stets. *The European: Wie schätzen Sie denn den politischen Einfluss Bayerns – der sich ja auch aus dieser selbstbewussten Tradition speist – auf die Bundespolitik ein?* Stoiber: Kein Land kann sich aus der Bundespolitik heraushalten. Dafür gibt es ja auch zu Recht den Bundesrat. Einen so ausgeprägten Föderalismus haben wir sonst nirgends, auch wenn in einzelnen Ländern bestimmte Regionen große Autonomie haben. Etwa die Katalanen in Spanien. Aber in keinem föderalen Land Europas haben die Länder so viel Einfluss auf die nationale Politik.