Berlin / Deutschland revisited (Teil 1)
Wenn man wie ich aus Duisburg kommt, aus einer Familie, die es durch harte Arbeit zu bescheidenem Wohlstand gebracht hatte, dann ist Gesellschaft der Abend im Stadttheater oder die Siegerehrung im Ruderverein. Das war 1959, vor 50 Jahren.

Berlin? Mein Bild prägten die kargen Worte meines Vaters über die düstere Hauptstadt des Dritten Reichs, die als Insel in der SBZ, der sowjetisch besetzten Zone, lag. Wir kannten dort niemanden. Der Neubeginn Deutschlands fand ohnehin an Rhein und Ruhr statt. Zehn Jahre später arbeitete ich während meiner Lehre bei der Deutschen Bank als Läuferin im Parkett der Düsseldorfer Börse. Auf dem Nachhauseweg kam ich an der Galerie von Denise René und Hans Mayer vorbei. Die Vernissage der ersten Ausstellung Andy Warhols in Deutschland – die Campbell-Soup-Serie! Ich mischte mich neugierig unter die Leute, sprach den einzigen Menschen an, den ich aus der Zeitung kannte, den still vergnügten Industriellen Konrad Henkel. Die Bühne überließ er seiner eleganten und eloquenten Frau Gabriele. Warhol fotografierte schweigend die Menschen, die gekommen waren, um ihn zu sehen. Die Polaroids ließ er in einem Leinenrucksack verschwinden, der in seiner linken Ellenbogenbeuge baumelte. Düsseldorf war große weite Welt. Die Kö! Der Breidenbacher Hof! Warhol! Henkel! Berlin 1969? Warum? Da war ja nicht einmal der Handel mit Wertpapieren zugelassen. Und die 68er? Die fanden in meinem Duisburg nicht statt.