Die ewige deutsche Mauer
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Noch 1989 behauptete Honecker, die Mauer stünde in 100 Jahren noch. Wäre diese Mauer vor 20 Jahren nicht gefallen, würde die DDR heute noch vor sich hin existieren.

Wer zwanzig Jahre nach dem Mauerfall immer noch trauerklossmäßig herumsitzt und unverdrossen behauptet, früher sei einschließlich des Wetters alles besser gewesen, muss am 9. November einen Staatstrauertag begehen. Denn da ging 1989 die Mauer auf, die früher, als alles noch besser war, extra für solche Typen gebaut worden war: Eine Mauer des Friedens, ein Bollwerk gegen den bösen kapitalistischen Klassenfeind, ein antifaschistischer Schutzwall, der die guten Deutschen von den nicht so guten trennte. Nicht zu vergessen, eine sichtbare Abwehr gegen die Kriegstreiber aus dem anderen Teil des Landes. Wäre diese Mauer vor 20 Jahren nicht gefallen, würde die DDR heute noch vor sich hin existieren. Dann hätte das Bauministerium erfolgreich bewiesen, dass man Ruinen auch ohne Waffen schaffen kann. Und das Politbüro würde in seiner unnachahmlichen Uneinsichtigkeit von Zeit zu Zeit mit Militärparaden den blühenden Sozialismus feiern und demonstrieren, dass man mit SED-Tugenden die Wirklichkeit restlos verdrängen kann. Die Westdeutschen würden nach wie vor die DDR unter den zehn stärksten Industrieländern der Welt vermuten und ab und zu mit Schokolade und Kaffee, bei denen das Verfallsdatum bereits abgelaufen ist, in den Osten zu Besuch kommen. Dann würden sie sich wundern, dass es für Kinder, Alte und Kranke aufgrund der Umweltbelastung Atemmasken gibt, und aufregen darüber, dass für das Baden im Baggersee das Tragen von Schutzanzügen empfohlen wird.