Unser Star für Oslo
Am Montag wird die Europäische Union mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ein guter Anlass, uns einzugestehen, dass die deutsche Doktrin bei Rüstungsexporten mehr einem Vabanquespiel als einer handfesten Strategie gleichkommt.

„Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen“, schrieb der britische Philosoph Thomas Hobbes seinen Zeitgenossen ins Stammbuch. Folgt man seiner – mittlerweile überholten – Annahme, der Wolf sei blutrünstig, auf den eigenen Vorteil bedacht und stets aggressiv, dann muss einem gruseln vor dieser Welt und den Menschen, die sie bevölkern. In einer solchen Welt wirken die moralischen Argumente gegen Waffenlieferungen lahm. Wenn der Mensch nun mal keinen Frieden halten kann und stets um seine Sicherheit zu fürchten hat, dann – und jetzt hören Sie die Idealisten unisono seufzen – brauchen sie also Waffen. Die Kanzlerin, glaubt man der aktuellen „Spiegel“-Geschichte zu den deutschen Rüstungsexporten, ist da ganz Realistin. Im martialischen Flecktarn-Blazer blickt sie dem Betrachter düster von der Titelseite entgegen. Die Augen zusammengekniffen, kein Lächeln umspielt die Lippen. Was sein muss, muss eben sein, sagt der Blick. Geben wir uns also dieser Welt und ihren brutalen Spielregeln hin und schauen, welche strategische Positionierung die Regierung unter Angela Merkel für Deutschland vorgesehen hat. Kaum ein anderes Land liefert so viele Waffen in die Welt wie Deutschland. Klar, unsere Industrie ist leistungsfähig, die Ingenieure innovativ. Das weckt Begehrlichkeiten. Zunächst bei all jenen, die zumindest vordergründig um ihre Sicherheit fürchten. Seit dem Antritt von Angela Merkel 2005 haben sich die durchschnittlichen jährlichen Waffenexporte der Bundesrepublik im Vergleich zum Zeitraum seit 2000 nahezu verdoppelt, wie die Statistik des Stockholmer SIPRI-Instituts verrät. Der Fairness halber sei gesagt, dass einige dieser Deals bereits unter der Vorgängerregierung beschlossen worden sind. "Ein weiterer markanter Anstieg ist bei den Ausfuhren in sogenannte Drittländer zu verzeichnen(Link)":http://www.freitag.de/autoren/aredlin/deutsche-kriegswaffen-und-menschenrechte-2010, also jene Staaten, die weder Mitglied der EU noch der NATO sind. Die ersten zwei Grundsätze der Doktrin werden bereits deutlich: Viele Waffen helfen viel und Waffen dürfen ruhig auch an unorthodoxe Partner geliefert werden.