Sie haben Angst vor Trittin
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Jürgen Trittin ist das linke Schreckgespenst der Jamaika-Koalition. Er poltert und fordert und prägt die Agenda. Die unsichere Grünen-Parteiführung hat Angst vor ihm und seinen linken Truppen. Wird er nun auch noch Minister?

Es ist ein politisches Comeback des Jahres. Jürgen Trittin war vor wenigen Wochen politisch so gestrig wie Hammer und Sichel. Doch nun schlägt und sticht er zurück wie zu besten Tagen. Kein Tag ohne Schlagzeile, kein Abend ohne TV-Auftritt, keine Sondierung ohne seine Querschlägerei. Er fordert und frotzelt und treibt die neo-bürgerliche Kaminrunde mit gezielten verbalen Fackelwürfen auseinander. Bei den Jamaika-Sondierungen ist er nicht nur der linke Quälgeist - er ist die Figur, an der alles scheitern könnte. „Trittin agiert wie der Zombie von Jamaika, politisch eigentlich tot, doch alle haben Angst vor ihm“, beschreibt ein CSU-Politiker die Lage. Die Rückkehr Trittins ins absolute Zentrum des Berliner Machtgeschehens ist verblüffend. Schließlich war er der große grüne Wahlverlierer von 2013, der mit seinem linken Steuererhöhungswahlkampf erst vom Wähler dann von seiner Partei abgestraft wurde. Aus dem Fraktionschef wurde ein Hinterbänkler, irgendwie aus der Zeit gefallen, ein Alt-68er, ein SilverAger der Ära Joschka Fischer. Für junge Liberale ein linkes Schnösel-Fossil, für die Kreuzberger Szene aber ein standhafter Veteran. Die grünen Realos von Cem Özdemir bis Winfried Kretschmann wollten von ihm, der sie alle schon einmal brüskiert hatte, nichts mehr wissen. Noch im Sommer erklärte Göring-Eckardt selbstbewußt: „Herr Trittin wird in möglichen Koalitionsverhandlungen keine Rolle spielen.“ Sie glaubten, ihn vom Hof gejagt zu haben.