Ein Mindestmaß an Menschlichkeit
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Die Beschwerden über den gesetzlichen Mindestlohn aus deutschen Unternehmerkreisen reißen nicht ab. Haben die Wirtschaftsvertreter das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft nicht verstanden?

Der Mindestlohn ist nur wenige Wochen alt und schon wollen CDU und CSU die neue gesetzliche Regelung aufweichen. Vertreter der Wirtschaft beklagen das "„Bürokratie-Monster“ und schüren Angst vor der „Job-Bremse“.":http://www.welt.de/wirtschaft/article137344585/Jede-zweite-Ost-Firma-kritisiert-Mindestlohn.html Der "Bundesverband Deutsche Startups fürchtet sogar":https://deutschestartups.org/news/position-mindestlohn-fur-praktika-schadet-startups-und-jungen-menschen/, durch den Mindestlohn für Praktikanten nicht mehr in der Lage zu sein, qualifizierte Fachkräfte auszubilden. Mit unverschämten Methoden versuchten Unternehmen gleich in den ersten Wochen, den Mindestlohn zu umgehen. Mitarbeiter des Nürnberger "Kinos Cinecitta sollten sich mit Wertgutscheinen für Popcorn und Cola":http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/inhalt/kino-nuernberg-mindestlohn-100.html statt dem ihnen zustehenden Geld zufrieden geben. Rentner, die sich als Zeitungsausträger ein Zubrot verdienen, erhielten von ihren Arbeitgebern den Vorschlag, ihre Verträge auf ihre jungen – und vom Mindestlohn ausgenommenen – Enkelkinder zu übertragen. Bei all diesen Tricksereien und Beschwerden stellt sich die Frage: Kommt der Marktwirtschaft allmählich das Soziale abhanden? Ja, der gesetzliche Mindestlohn fordert den deutschen Unternehmern schon einige Anstrengung ab: Die Lohnkosten steigen, neue Vorgaben müssen eingehalten, weitere bürokratische Hürden überwunden werden. Vor allem aber versucht der Mindestlohn, Gerechtigkeit auf einem Arbeitsmarkt herzustellen, der viele Arbeitnehmer systematisch ausbeutet und dazu beiträgt, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer weiter auseinanderklafft.