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> Der "King" der CSU.

König Markus ohne Land

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Sollten seine Familie und seine Ärzte nicht kategorisch Nein sagen, verkündete Horst Seehofer jetzt im engeren Führungskreis der CSU, dann trete er noch einmal an. So etwas sagt man nur, wenn man die Antworten längst kennt. Markus Söder scheint ausgebremst.

The European

Als Markus Söder Anfang dieses Jahres seinen 50. Geburtstag feierte, wurde er angesprochen, ob er nicht allmählich zum Prinz Charles der CSU werde: "Ich heiße nicht Charles und Horst Seehofer ist nicht die Queen“, zischte er zurück. Der amtierende Ministerpräsident und Parteichef hatte vor langem versprochen, 2018 mit der Politik aufzuhören. Ihm werde gelingen, tönte Seehofer damals, was leider so selten sei: ein harmonischer Generationswechsel. Doch jetzt ist er drauf und dran, sein Versprechen zu brechen. Der Grund heißt Markus Söder, denn der wäre als Nachfolger nicht aufzuhalten. Doch mit einem solchen Generationsübergang, da ist sich Seehofer sicher, ist die Nachfolge alles, nur nicht "harmonisch". Wer ist dieser Mann, dem Seehofer jedwede charakterliche Eignung abspricht?

Captain Future
Kein Landesminister ist in Deutschland auch nur halbwegs so bekannt wie der bayerische Finanzminister. Das liegt weniger an Markus Söders Leistungen im bayerischen Kabinett, sondern ist vielmehr in seiner Vergangenheit als CSU-Generalsekretär begründet: Von 2003 - 2007 erwarb sich Söder republikweit einen Ruf wie Donnerhall. Als Polarisierer suchte dieser Generalsekretär seinesgleichen. "Kruzifixe statt Kopftücher" forderte er beispielsweise für bayerische Klassenzimmer. Söder ist nicht nur promovierter Jurist, sondern hat auch ein Volontariat als Fernsehredakteur absolviert. Kaum ein deutscher Spitzenpolitiker weiß so genau, wie die Medien ticken, wie man schlagzeilenhaft zuspitzt, mit einer griffigen Drei- oder Vier-Wörter-Kombination einen Volltreffer setzt. Mit ihm wird keine Talkshow langweilig, deshalb hockt er auch in so vielen Gesprächsrunden, in denen es meist gar nicht um sein Fachgebiet Finanzpolitik geht. Bereits mit 16 Jahren trat Söder in die CSU ein, über die Schülerunion stieg er zum Chef der Jungen Union Bayern auf, die er acht Jahre lang leitete. Söder erklärte sich selber zum obersten "Stoiberianer". Der damalige Parteichef dankte es ihm und berief ihn zum Generalsekretär. Sein "Captain Future" sei Edmund Stoiber, echote Söder. Nichtsdestotrotz schlug sich Söder 2007 nach dem Sturz Edmund Stoibers vehement auf die Seite des "Putschisten" Erwin Huber, als es darum ging, wer neuer CSU-Chef werden sollte: Huber oder Seehofer. "Blöd, blöder, Doktor Söder" sagten seine Gegner lange Jahre, doch das wurde ihm nie gerecht. Die Geschwindigkeit, mit der er sich in alle seine Aufgaben profund einarbeitete, z.B. als Umweltminister oder später als Finanzminister, ist beeindruckend. Söder ist ein politikbesessenes Alphatier. Von Natur aus frech und komplett furchtlos, verkörpert er einen Willen zur Macht wie kein zweiter Politiker seiner Generation - das gilt übrigens nicht nur im bayerischen, sondern sehr wohl auch im deutschen Maßstab. Dieser 1,94-Meter-Mann hat einfach Wucht. Sein Naturell, keinem, aber auch wirklich gar keinem Streit aus dem Weg zu gehen, hat ihn freilich nie beliebt gemacht. Wenn Horst Seehofer wider Erwarten doch noch zurückziehen sollte, würde die CSU Söder wählen - aber nicht, weil die Partei ihn liebt, sondern weil niemand sonst eine solche Energie ausstrahlt, die CSU an der Macht zu halten. In seiner Zeit als Generalsekretär war Söder häufig wie ein Exekutor der Parteizentrale aufgetreten und hatte viele Parteimitglieder düpiert. Wer ihn im kleinen Kreis erlebt, weiß, wie barsch er sein kann. Andere einmal ausreden zu lassen, womöglich gar zuzuhören, zählte nie zu seinen Tugenden. Markus Söder bemüht sich seit Jahren um einen Imagewechsel. Mit einer Charmeoffensive reist er durch den Freistaat und ist sich als Herr über einen 50-Milliarden-Haushalt nicht zu schade, auch noch Förderbescheide über 5000.- € persönlich auszuhändigen. Ob er damit sein Rüpel-Image abstreifen kann, bleibt fraglich. Die Herzen der Menschen fliegen so einem nicht zu. Als im bayerischen Umweltministerium im Herbst 2011 bekannt wurde, dass Söder das Haus verlassen werde, um ins Finanzresort zu wechseln, fanden sich auf einigen Fluren Mitarbeiter zusammen und feierten in Spontan-Parties, dass die Zeiten mit diesem unwirschen Chef nun zu Ende gingen.
Schmutzeleien
Es war auf einer inzwischen legendären Weihnachtsfeier seiner Partei im Jahr 2012, als Horst Seehofer jedem, der es noch nicht wusste, klarmachte, was er von Markus Söder hält. Ungeschützt sprach er vom "krankhaften Ehrgeiz" seines Finanzministers. Seine Abneigung inspirierte ihn sogar zu einer pfiffigen Sprachschöpfung: Söder sei ein Mann, mit außerordentlicher Neigung zu "Schmutzeleien". Ein Verdikt, das saß - erst recht von einem, der Politik selber nie als Streichelzoo betrieben hat. Den Machtkampf um den Parteivorsitz nach dem Sturz von Edmund Stoiber hatte Horst Seehofer 2007 gegen Erwin Huber verloren, weil unmittelbar nach der „Nacht der langen Messer“ von Wildbad Kreuth ruchbar wurde, dass der damaligen Bundesminister Seehofer parallel zu seiner Ehe in Ingolstadt in Berlin mit einer 25 Jahre jüngeren Frau ein Doppelleben führte. Und nicht nur das, ein Baby sei auch noch unterwegs, schrieben die Gazetten. Dass diese Liaison exakt zu Beginn des parteiinternen Wahlkampfs um die Stoiber-Nachfolge öffentlich wurde, kann nur als Intrige gewertet werden. Seehofer hat damals nicht nur die Wahl gegen Erwin Huber verloren, seine Popularität bekam einen Knacks, von der sie sich so ganz niemals wieder erholen sollte. Nachdem das Berliner Baby geboren war, sich Horst Seehofer jedoch für seine Familie in Ingolstadt entschieden hatte, erschien der gehässigste Zeitungsartikel der gesamten Affäre: "Papa eiskalt" titelte die Bild am Sonntag. Seehofer glaubt bis heute, dass Markus Söder damals seine Finger im Spiel hatte. Und dass Söders heutiger Medienberater und Spindoctor Michael Backhaus seinerzeit ausgerechnet Stellvertretender Chefredakteur der Bild am Sonntag war, wähnt Seehofer vermutlich eher auch nicht im Reich der Zufälle. Es ist mehr als persönliche und plumpe Rache, was Horst Seehofer umtreibt. Er glaubt einfach nicht, dass ein Politiker-Typus wie Söder bei den Wählern ankommt. An dessen Rauflust mögen Talkshow-Zuschauer vielleicht Gefallen finden, aber ihr Gemeinwesen vertrauen sie so jemanden doch nicht an, ist sich Seehofer sicher. Und die weiblichen Wähler: stimmen Frauen für diesen mitunter denn doch allzu virilen Kraftmeier? Söders Heimatbezirk Nürnberg nennt Seehofer jedenfalls gerne die traurige 30-Prozent-Zone der CSU.
Nie wieder 2007
Vor einem Jahr überraschte Horst Seehofer mit der Idee, man müsse in Zukunft Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt entkoppeln. Angesichts der turbulenten politischen Großwetterlage solle der Parteivorsitzende wie weiland Franz Josef Strauß oder Theo Waigel in der Bundeshauptstadt sein. Ein raffinierter, weil durchaus plausibler Vorschlag. Hätte Söder damals zugegriffen, wäre ihm der CSU-Vorsitz wohl in den Schoß gefallen. Doch Söder traute sich nicht auf das ihm unbekannte Berliner Parkett, soll doch der gelernte Bundespolitiker Seehofer nach Berlin zurückgehen, mag er sich gedacht haben. Die Landtagsfraktion, die den Ministerpräsidenten wählt, wusste er auf seiner Seite. Das wäre sie auch, sofern ein neuer Regierungschef gewählt werden müsste. Das ist sie freilich nicht, wenn es um eine Kampfabstimmung zwischen dem Amtsinhaber und einem Herausforderer ginge. Tief eingekerbt in die Seele der CSU hat sich der Sturz des eigenen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber damals 2007. Die CSU verlor bei der Landtagswahl ein Jahr später ihre absolute Mehrheit – und das, nach einem halben Jahrhundert Alleinregierung. So etwas, da sind sich auch eingefleischte „Söderianer“ sicher, dürfe sich keinesfalls wiederholen. Die CSU wird Horst Seehofer, der fünf Jahre nach dem Debakel die absolute Mehrheit zurückgeholt hatte, nicht rüde abwählen. Horst Seehofer, da hat Markus Söder recht, ist nicht die "Queen", aber er bleibt einstweilen wohl doch der "King" der CSU.
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