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> Der geplatzte Traum der Wunschkoalition

Lange Verlobung – schlechte Ehe

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Fehlender Konsens in Gesundheits-, Steuer- und Verteidigungspolitik und auch sonst ein einziger Hickhack. Der lang gehegte Traum von Schwarz-Gelb wird in den ersten 100 Tagen zum Albtraum. Was nun, Frau Merkel?

The European

Die ersten 100 Tage der Regierung Merkel waren unglaublich holprig und wirkten unglaublich unvorbereitet. Die Kanzlerin versucht jetzt, das vergessen zu machen. Es wurde ihr vorgeworfen, sich vor klaren Entscheidungen und Machtworten zu drücken. Jetzt hat sie ein Machtwort gesprochen – sie hat den umstrittenen Kauf der Steuerhinterzieher-CD angeordnet, gegen den Widerstand ihre Partei. Ob das den Fehlstart ihrer Regierung vergessen lässt? Diese Koalition ist eine Wunschkoalition der Partner CDU/CSU und FDP. Eine Wunschkoalition stellt man sich eigentlich anders vor. Die Wähler haben angesichts des Dauerstreits zum Beispiel über die Steuersenkungen den Eindruck, dass da die Koalitionspartner zusammengezwungen worden sind. Auf kaum einem Feld der Politik gibt es vernünftige gemeinsame Linien der Koalitionspartner. Es gibt keinen Konsens in der Gesundheitspolitik. Es gibt keinen Konsens in der Afghanistankonferenz. Es gibt nur einen täglichen Hickhack. Das ist eigentlich beschämend angesichts der langen Vorlaufzeit, die diese Regierung hatte. Elf Jahre haben die Koalitionäre von ihr geträumt. Lange Verlobung – schlechte Ehe.

Es war nie einfach mit der CSU
Angela Merkel lebt politisch davon, dass sie keinen innerparteilichen Konkurrenten fürchten muss. Es ist niemand weit und breit zu sehen, der sie ablösen könnte, und das macht diese Frau stärker, als sie eigentlich ist. Und was treibt die CSU? Sie ist eine traumatisierte Partei. Da ist die Größe von einst in Selbstfindungsschwierigkeiten umgeschlagen. Es war nie ganz einfach mit der CSU: früher, weil sie so stark war. Heute, weil sie so irritiert ist. Ich halte nicht viel von der Kritik aus CSU und CDU, dass Frau Merkel zu wenig konservativ sei und dass die CDU christlicher werden müsse. Die Zeiten sind vorbei, wo man mit klerikaler Politik eine Volkspartei konstituieren könnte. Angela Merkel weiß ziemlich genau, dass die kirchlichen Bindungen sowohl der Katholiken als auch der Protestanten in der Union abgenommen haben und dass diejenigen, die sehr kirchennah sind, schlichtweg keine Alternative haben, als die CDU zu wählen. Sie trachtet daher richtigerweise danach, Stimmen von potenziellen Wählern der SPD oder der Grünen zu kriegen.
Fahrlässigkeit und Laxheit
Rückt Merkel also nach links? Nein, sie macht kreisende Bewegungen in der Mitte, sie will alles einsammeln, was sich dort befindet. Sie macht eine Politik, die tunlichst nicht bei den Gewerkschaften anecken will. Nun gut, wenn man das schon als links bezeichnen will, ist es links. Das weitere Schicksal der Bundesregierung und der Union wird davon abhängen, ob man die Fahrlässigkeit und die Laxheit, die Angela Merkel bei der Aushandlung des Koalitionsvertrags hat walten lassen, wieder korrigieren kann. Dieser Koalitionsvertrag ist in wesentlichen Teilen ein FDP-Vertrag. Bei den Koalitionsverhandlungen war Angela Merkel indolent. Sie hat darauf vertraut, dass sich die Dinge schon irgendwie schütteln. Ein großer Teil der Schwierigkeiten in der Koalition beruht derzeit darauf, dass sich die FDP pausenlos auf den Koalitionsvertrag berufen kann, zum Beispiel bei den völlig unsinnigen Steuersenkungen. Frau Merkel wird die Arme weiter Richtung Mitte öffnen und auch versuchen, Wähler, die zur FDP abgewandert sind, wieder zur CDU zurückzuholen. Das ist eine vernünftige Strategie, auch wenn Frau Merkel sie rhetorisch nicht richtig umsetzen kann.
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