„Niemand zwingt euch Facebook zu benutzen“
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Harper Reed verhalf Barack Obama zur Wiederwahl und tritt energisch für ein freies Internet ein. Max Tholl erklärte er, wieso wir unsere Privatsphäre bereitwillig verkaufen und wieso die NSA es eigentlich nur gut meint.

*The European: Herr Reed, Sie haben für Obamas Wiederwahlkampagne potenzielle Wähler anhand ihrer Verhaltensmuster im Netz analysiert und ausgemacht. Sind wir Menschen so einfach zu kategorisieren?* Reed: Die einfache Antwort lautet nein. Die menschliche Natur ist bei Weitem zu komplex, um sie auf einen einfachen Algorithmus zu reduzieren. Sie müssen sich hier das große Ganze anschauen. In den Vereinigten Staaten geht es bei Wahlen nicht so sehr um Überzeugung, sondern um Wahlbeteiligung. Es war nicht meine Aufgabe, Leute davon zu überzeugen, für Obama zu wählen, sondern ich erinnerte sie lediglich daran, dass sie wählen sollen. *The European: Wie stark fiel ihre persönliche Präferenz bei dieser Aufgabe ins Gewicht?* Reed: Ich war natürlich nicht unparteiisch. Ich hätte nicht für Mitt Romney arbeiten können, da ich seine Ansichten nicht teile. Aber ich war nicht Obamas Fahnenschwenker. Und mein Anteil an seiner Wiederwahl war ja eh gering. Durch eine hohe Wahlbeteiligung alleine wirst du die Wahl nicht gewinnen. *The European: Der Kandidat ist immer noch das wichtigste Element der Wahlkampagne.* Reed: Absolut. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: 2008 war der damalige demokratische Gouverneur von New Mexico, Bill Richardson, einer der Kandidaten für die demokratische Nominierung für die Präsidentschaftswahlen. Er benutzte dieselbe Software, um potenzielle Wähler ins Visier zu nehmen, die auch Obama nutzte, lag am Ende aber weit abgeschlagen hinter ihm. Man muss ein guter Kandidat sein. Die Technologie ist nur ein schöner Bonus. *The European: Aber kombiniert mit den richtigen Leuten, ist dieser Bonus ein sehr mächtiges politisches Werkzeug.* Reed: Ohne Zweifel. Solche Technologien sind in der Tat Instrumente der Macht. Aber sie sind ebenfalls Instrumente der Demokratie, indem sie die Leute daran erinnern, wie wichtig es ist, ihre Stimme abzugeben. Diese Technologien erleichtern den Leuten auch den Zugang zur Politik und fördern Interaktion zwischen den Bürgern und ihren Repräsentanten. Ob das Internet ein Werkzeug der Macht oder ein Werkzeug der Befreiung ist, hängt letztendlich von den Absichten der Leute ab, die es kontrollieren und benutzen.