„Roboter könnten Menschen umbringen“
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Für den britischen Robotiker Noel Sharkey sind der Terminator und C-3PO nicht bloß Fantasie, sondern Teil unserer Zukunft. Mit Max Tholl unterhielt er sich über die menschliche Faszination für Roboter, Killer-Maschinen und asiatische Puppen-Bordelle.

*The European: Herr Sharkey, was fasziniert uns an Robotern?* Sharkey: Wir sind ja auch fasziniert von Marionetten, weil sie sich zu bewegen scheinen. Mit Robotern ist es ähnlich, die sind wie große bewegliche Marionetten. Diese Faszination ist uralt: Im Jahr 60 vor Christus hat Hero von Alexandria bereits begonnen, Roboter zu bauen. Er hat die ganze Mechanik so gut versteckt, dass die Leute glaubten, es sei Magie. Auch Homer hat bereits über dreibeinige Roboter geschrieben. *The European: Damit war doch aber etwas ganz anderes gemeint als die heutigen Roboter.* Sharkey: Natürlich. Karel Čapek hat 1920 in seinem Science-Fiction-Roman „Rossums Universal-Robots“ als erster Mensch das Wort „Roboter“ benutzt. Heute würden wir die von ihm beschriebenen Wesen eher als Androiden und nicht als Roboter bezeichnen. Auf Čapek geht auch die dystopische Angst vor einer Ausrottung der Menschheit durch Roboter zurück. Andere Bücher und Filme wie beispielsweise „Metropolis“ von Fritz Lang haben das öffentliche Interesse und die Faszination an Robotern weiter verstärkt. Die US-Firma Westinghouse hat das erkannt und begann, Unterhaltungsroboter herzustellen. Dort wurde beispielsweise der erste Roboter entwickelt, der wie ein Mensch aus Metall aussah. *The European: Und wozu?* Sharkey: Um damit zu protzen. Sie müssen das im Kontext sehen: In den 20er-Jahren hat sich die Technologie exponentiell entwickelt. Viele Menschen wussten gar nicht, wie sie mit neuen Erfindungen wie Autos und Flugzeugen umgehen sollten. Der Fortschritt hat begeistert und gleichzeitig Angst ausgelöst. Der Bau eines Roboters war ein Zeichen von Macht, ein Beweis, dass man sich an den Grenzen des technisch Machbaren orientierte. Roboter wurden zum Symbol für Wandel und Innovation. *The European: Genauso wie heute auch.* Sharley: Ganz genau. Honda hat mit dem ASIMO-Roboter das Gleiche versucht: Der Roboter wurde nie verkauft, sondern sollte einfach deutlich machen, dass Honda das notwendige Know-how und die Ressourcen besitzt. ASIMO war ein Werbegag. Wir Menschen sind von solchen Projekten begeistert, da wir automatisch versuchen, zu personifizieren und Empathie aufzubauen. *The European: Wir vergleichen Roboter mit Menschen?* Sharkey: Wir projizieren gerne einen Teil unseres Menschseins auf Maschinen – dafür sind Roboter ideal geeignet. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Im Krieg entwickelt sich oftmals eine sehr enge Verbindung zwischen Soldaten und den ferngesteuerten Robotern, die zur Bombenentschärfung eingesetzt werden. Die Soldaten nehmen den Roboter fast als einen Kameraden wahr. In einem Fall haben sie der Wartungshalle den Spitznamen „Roboter-Krankenhaus“ gegeben. Sie haben ihre beschädigten Roboter zur Reparatur gebracht aber wenn ihnen die Mechaniker einen neuen Roboter zum Austausch angeboten haben, dann haben sie oft abgelehnt. Sie wollten keinen anderen Roboter. Manche Soldaten haben die Maschinen in ihrer Freizeit sogar mit zum Angeln genommen.