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> Das Ringen um die Topjobs in der EU

Teilen und Herrschen: Frankreich will immer im EU-Poker mitsspielen

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Um die Schwierigkeiten zu verstehen, die die Besetzung der sogenannten Topjobs (Kommissions-, EZB- und Parlamentspräsident, sowie den Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik) in der EU mit sich bringen, lohnt es sich die Mitglieder der EU einzeln nach Gewichtung, Interessen und möglichen Gemeinsamkeiten anzusehen. Obwohl diese Kurzanalyse viele beachtenswerte Aspekte vernachlässigen muss, kann sie doch ein paar grundlegende Probleme veranschaulichen.

The European

Es gibt vier Länder mit einem zweistelligen Anteil an der Bevölkerung der EU. Der Bevölkerungsanteil ist ein wichtiges Kriterium für die Wahl. Denn neben der qualifizierten Mehrheit der Stimmen, bei der die Stimme jeden Landes gleich gewichtet ist, müssen noch zusammen 65 % der Bevölkerung der EU für einen Mehrheitsbeschluss erreicht werden. Die Länder mit dem größten Bevölkerungsanteil sind: Deutschland 15,97%, Frankreich 13,06 %, Großbritannien 12,76 % und Italien 11,96 %. Danach Spanien 9,14 % und Polen 7,47 %. Alle anderen 22 Länder liegen unter 5 %.

Was sind nun die Interessen dieser Länder in den wichtigsten Politikfeldern der Geld-, Wirtschafts-, Migrations-, Energie-, Verteidigungs- und Außenpolitik. Beginnen wir bei den größten Ländern.

Frankreich hat den Anspruch Europa zu dominieren. Alle Vorschläge Macrons zielen darauf ab. Andere, ganz besonders Deutschland und der Norden, sollen das nicht wettbewerbsfähige sozialistische französische Modell finanzieren. Und zwar nicht nur in Frankreich, sondern auch in Italien, Spanien, Griechenland und anderen Ländern mit vergleichbarer Auffassung. Frankreich hätte so die - von anderen finanzierte - Mehrheit und könnte endlich das verwirklichen, was Napoleon verwehrt blieb. In der Migrationspolitik würde man anderen weiter Humanismus predigen, aber selbst die gegenteilige Politik betreiben. Energiepolitisch bliebe man auf Atomkurs. Auch in der Verteidigungs- und Außenpolitik würde man alles so wie bisher machen. Ohne Absprachen handeln und erwarten, dass die anderen Länder dies bedingungslos unterstützten. Ein Schutz mit Atomwaffen würde den anderen europäischen Ländern jedoch nicht gewährt.

England, das noch nie von Frankreich oder Deutschland dominiert werden wollte und das Europa zweimal die Freiheit zurückeroberte, will da nicht dabei sein. Teile und herrsche war und ist das Motto Großbritanniens. In der jüngsten Vergangenheit konnte sich England oft nicht gegen die Achse Berlin - Paris durchsetzen. Jetzt da Frankreich und Deutschland jedoch getrennt sind, wird es diese Politik weiterführen können.

Wer die Trennung von Berlin und Paris wann und wie erreicht hat, ist noch zu untersuchen. Sicher ist, dass Trump daran nicht unbeteiligt gewesen sein dürfte.

Italien hat gegen den erklärten Willen der mangelhaft demokratisch legitimierten EU-Nomenklatura eine Regierung gewählt, die klar die Interessen des eigenen Volkes vertritt. Sie hat den Grenzschutz wieder eingeführt und die illegale Immigration sehr deutlich reduziert. Geldpolitisch setzt sie die Politik der Vorgängerregierungen fort, äußert aber deutlich, dass es im EURO den eigentlichen Grund des wirtschaftlichen Niedergangs und der daraus folgenden defizitären Finanzpolitik sieht.Verteidigungspolitisch sind keine ausgeprägten Interessen zu erkennen. Außenpolitisch führt die jetzige Regierung die traditionelle Politik in Libyen und Äthiopien fort. Konflikte mit Frankreich scheut man dabei nicht.

Deutschland ist nicht willens oder in der Lage, außer der traditionellen Hypermoral, erkennbaren Interessen zu formulieren. Es möchte als gut, humanistisch und selbstlos wahrgenommen werden und dabei trotzdem wirtschaftlich dominieren. Je ausgeprägter der Druck aber wird, mit dem Deutschland andere europäische Länder und andere Länder dieser Welt, auf die von ihm als alternativlos bezeichneten Ziele der Klima-, Energie-, Geld- und vor allem der Migrationspolitik verpflichten will, wächst im Rest der Welt die Sorge, wenn nicht gar die Angst. Denn man erkennt darin die Fortsetzung der deutschen Politik vom Beginn und der frühen Mitte des 20 Jahrhunderts.

Zwischenfazit:

Übereinstimmungen gibt es in den italienischen und französischen Positionen der Geld- und Wirtschaftspolitik. Die Migrations- und Europapolitik der beiden Länder scheint zunächst nicht kompatibel. Da sich aber die tatsächliche Behandlung von Migranten in Frankreich und Italien kaum unterscheidet, könnte Italien, wenn man seine Verschuldungspolitik weiter duldet und auf grundsätzliche Kritik (populistisch, rechts) verzichtet, durchaus bereit sein Frankreich zu unterstützen. Ein mögliches Szenario wäre, dass kein Strafverfahren gegen Italien eingeleitet wird, obwohl es geldpolitisch so weitermacht wie immer. Im Gegenzug würde es versprechen sich formal an die Auflagen der EU-Kommission zu halten und die EU nicht weiter kritisiert. Vergleichbare Deals könnten mit Ungarn und Polen vereinbart werden.

England wird sich vermutlich als Gegengewicht sehen. Sein Interesse wird die Vermeidung einer französischen oder deutschen Dominanz sein.

Deutschland, das noch unter Kohl der Vertreter der kleinen Mitgliedsländer war, hat es unter Merkel geschafft, sich vollkommen zu isolieren und durch seine wiederholten großspurigen Alleingänge wieder, wie schon anfangs des 20 Jahrhundert, allergrößtes Misstrauen zu erwecken. Allianzen sind deshalb für Deutschland, wen überhaupt, nur unter erheblichen finanziellen und politischen Zusagen zu erreichen.

Mittelmächte:

Spanien wird zur Zeit von einer geschäftsführenden Regierung geführt. Ob es in absehbarer Zeit zur Wahl des Sozialisten Sánchez kommen wird, ist nicht sicher und wenn, nur unter erheblichen Zugeständnissen an die Kommunisten von Podemos, die katalanischen Nationalisten oder sogar, wenn die Verzweiflung keine Grenzen mehr kennt, an den politischen Arm der Terrorgruppe ETA. Europapolitisch will und wollte Spanien immer das Maximum an europäischem Geld und ist deshalb, unabhängig von der jeweiligen Regierung, ein natürlicher Verbündeter Frankreichs. Auch in der Migrationspolitik ist man Frankreich nahe. Verkündung hochtrabender humanistischen Ziele bei praktisch gegenteilig umgesetzter Politik.

Auch Polen wird von einer Regierung geführt, die Politik für das eigene Volk macht. Es orientiert sich nach Westen, also zur USA und England, das es als Garanten der eigenen Sicherheit begreift. Wohlwissend, dass von Deutschland, außer lauen und billigen Ratschlägen, im Ernstfall nichts zu erwarten wäre. Polen ist aber auch einer der größten Nettoempfänger in der EU. Ähnlich wie Italien könnte Polen deshalb an einer Allianz mit Frankreich interessiert sein. Geldpolitisch gibt es Übereinstimmungen. Auch in der Migrationspolitik existiert der Dissens nur mit der offiziellen französischen Politik, kein so großer jedoch mit der von Frankreich praktizierten.

Ein nicht zu unterschätzender Faktor in der europäischen Politik ist der Exkanzler und ab Oktober vermutlich auch wieder der neue Kanzler von Österreich, Sebastian Kurz. Er war es, der 2015, in einer beispielhaften und effizienten diplomatischen Aktion, in kürzester Zeit die Balkanroute schloss. Merkel hatte damals alle europäischen Partner mit ihrer unabgesprochenen und illegalen Grenzöffnung vor den Kopf gestoßen und zwang diese in ein unverantwortliches Abkommen mit der damals schon totalitär geführten Türkei. Kurz ist unideologisch, weitblickend, verbindlich und hat sich als Brückenbauer bewährt. Wenn es um die Stimmen der kleinen Länder geht, wird er, auch wenn er im Moment nicht mit am Tisch sitzt, entscheidenden Einfluss haben können.

Die Visegrádstaaten (Polen, Tschechische Republik, Ungarn und die Slowakei) haben durch Polen und Ungarn einen nicht zu vernachlässigen Einfluss.

Ungarn war 2015 das einzige europäische Land, das, gegen massive Verleumdung, europäisches Recht durchgesetzt hat. Alle vier Länder wehren sich erfolgreich gegen eine islamische Massenimmigration sind aber Empfänger von Ausgleichszahlungen der EU. Würden diese sich mit Frankreich verbinden, wenn Paris deren Migrationspolitik und Innenpolitik respektiert?

Die kleinen gegen französische Ansprüche:

Holland, Finnland, Dänemark, Schweden und die baltischen Staaten sind kategorisch gegen eine Erhöhung des EU-Budgets, fordern mit Österreich eine Reduzierung des Budgets nach dem Austritt von Großbritannien. Sie alle lehnen eine erweiterte Bankenunion, eine europäische Arbeitslosenversicherung und einen eigenen EU-Haushalt kategorisch ab. Um die Durchsetzung wird hinter den Kulissen hart gerungen. Die von Frankreich formulierten Ansprüche seinen tot, sagte Mark Rutte, der holländische Premier, nach dem letzten EU-Gipfel. Am Ausgang dieses Konfliktes wird sich ablesen lassen, wie viel Durchsetzungskraft der Norden Europas nach dem wahrscheinlichen Austritt der Engländer noch haben wird.

Fazit:

Es gibt bei den hier kurz angerissenen Feldern der Geld-, Wirtschafts- Migrations-, Energie-, Verteidigungs- und Außenpolitik, erhebliche Gegensätze, aber auch Gemeinsamkeiten.

In der Geld- und Wirtschaftspolitik stehen Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Belgien gegen die von Holland geführte neue Hanse. England kann man dieser zweiten Gruppe vermutlich zurechnen. Deutschland, dass seine Bereitschaft mehr zu bezahlen, in der Hoffnung, im Gegenzug geachtet und geschätzt zu werden, bereits bekundet hat, ist hier wie in allen anderen Bereichen, isoliert.

Die 65 % könnten für die französische, südliche Gruppe, wenn auch nicht leicht, erreichbar sein. Beim anderen Teil der Mehrheit – der Einzelstimmen -könnte es schon schwerer werden.

Begründete Zweifel gibt es zudem, ob die anderen 26 Länder bereit wären, eine neue Kontinentalsperre der EU gegen England, nach dessen EU-Austritt, zu unterstützen.

In der Migrationspolitik sind die Gegensätze kleiner als sie zunächst aussehen. Die ausgeübte Politik in allen Ländern ist die massive Begrenzung der illegalen Migration. Deutschland und Luxemburg sind hier vollständig alleine. Die künftige Haltung Schwedens ist in dieser Frage schwer einzuschätzen.

Wenn Frankreich hier auf Italien, die nordischen EU-Länder, die Vicegrádländer und auf Rumänien und Bulgarien zuginge, wären die Differenzen, die ja tatsächlich hauptsächlich im Reden und nicht im Handeln bestehen, überbrückbar.

Auch in der Energiepolitik ist Deutschland vollkommen alleine. Niemand will die gescheiterte deutsche Energiewende kopieren. Ganz im Gegenteil bekennen sich immer öfter Länder zur Kernenergie und Kohlekraftwerken.

Die Differenzen in der Außen-, bzw. der Verteidigungspolitik sind wahrscheinlich zu vernachlässigen. Alle Länder haben ihre Außenpolitik eigenständig betrieben und werden das vermutlich auch in Zukunft tun. Bestätigt werden sie darin durch eine EU-Außenpolitik, die alles, was man falsch machen konnte, falsch gemacht hat. Einige wenige und nicht vollständige Stichpunkte: Libyen, Türkei, Krim, Russland, USA, Iran).

Nach Einschätzung von Experten sind nur die englische und die französische Armee einsatzfähig. Nach dem Austritt von England wird die europäische Verteidigungspolitik faktisch nicht mehr existent sein und schon deshalb kann darüber dann kein Dissens mehr entstehen.

Deutschland

15,97

Tschechische Rep

2,07

Kroatien

0,83

Frankreich

13,06

Portugal

2,04

Litauen

0,57

Großbritannien

12,76

Ungarn

1,94

Slowenien

0,41

Italien

11,96

Schweden

1,92

Lettland

0,39

Spanien

9,14

Österreich

1,69

Estland

0,26

Polen

7,47

Bulgarien

1,42

Zypern

0,17

Rumänien

3,91

Dänemark

1,11

Luxemburg

0,11

Niederland

3,31

Finnland

1,08

Malta

0,08

Belgien

2,21

Slowakei

1,07

Griechenland

2,14

Irland

0,91

 

Bevölkerungsanteile der EU-Länder in %

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