Im Internet ist der Mensch der limitierende Faktor
Mark Surman ist Vorsitzender der Mozilla Foundation – und ein Verfechter des offenen Internets. Mit Martin Eiermann sprach er über Apps, Online-Innovationen und die Notwendigkeit einer Philosophie für das digitale Zeitalter.

*The European: Sie haben das Internet mit einer Box voller Lego-Steine verglichen. Worum geht es Ihnen dabei?* Surman: Die Botschaft des Internets ist simpel: „Baue mich!“ "Das Netz ist ein sehr offenes System mit der expliziten Einladung an uns alle(Link)":http://www.theeuropean.de/alexander-goerlach/4308-offenes-internet, es konstant weiterzuentwickeln. Das Internet kann sich nach unseren Wünschen verändern. Es kann Wikipedia oder Facebook hervorbringen, oder auch zum Motor für visuelle Kunst werden. Es ist diese Offenheit, die Reichtum, Produktivität und Kreativität befördert. *The European: Eine aktuelle Entwicklung geht hin zu Apps. Viele davon sind sehr kreativ. Doch wenn Sie sich die Nutzungsbedingungen vieler Plattformen ansehen, scheint doch das Credo „Baue mich“ durch viel Kleingedrucktes ergänzt zu sein …* Surman: Wir müssen hier einen Schritt zurück machen und uns überlegen, was momentan passiert. Die aktuelle Version der Apps ist eine Gefahr für das Netz und negativ für die Verbraucher. Eine kleine Zahl von Firmen wie Apple oder Google kontrolliert, wer welche Apps auf den Markt bringen kann. Als Programmierer muss man die Werkzeuge benutzen, die von den Firmen abgesegnet sind und braucht eine Erlaubnis, bevor man seine Apps anbieten darf. Das ist nicht der Prozess, der bisher für Innovation im Netz verantwortlich war. Wenn wir so weitermachen, fahren wir gegen die Wand. Wir würden zum Beispiel keine neuen Telefon-Apps sehen, weil es nicht im Interesse dieser Firmen ist, solche Entwicklungen zu unterstützen und zu erlauben. Auf einer konzeptionellen Ebene ist die App aber sehr attraktiv: Man kann schnell etwas programmieren und einfach mit vielen Menschen teilen. Das fördert Innovation. Und jetzt gibt es die Werkzeuge von HTML5, die solche Apps plattformunabhängig einsetzbar machen. Unser Ziel muss es sein, diese HTML5-Apps zu fördern und einen Marktplatz zu etablieren, auf dem jeder seine Programme frei und ohne Einschränkung zur Verfügung stellen kann. *The European: Lassen sich mit einem solchen Modell Profite erzielen?* Surman: "Es ist okay, dass Menschen mit ihren Ideen auch Geld verdienen möchten(Link)":http://www.theeuropean.de/debatte/4189-patente. Das Problem ist, wenn es nur zwei Kanäle gibt und der freie Markt nicht existiert. Wir glauben doch eigentlich, dass die Wirtschaft frei sein sollte. Wenn ich über den Marktplatz laufe, sollte ich als Verbraucher in der Lage sein, zwischen verschiedenen Anbietern auszuwählen. Und als Anbieter sollte ich in der Lage sein, meine Produkte auf verschiedenen Marktplätzen anzubieten. Das Gleiche wollen wir auch im Netz. Jede App aus jedem Store sollte auf jeder Plattform laufen.