Zusammen ist man weniger allein
Frankreich fürchtet den deutschen Machtgewinn. Dabei ist das Wichtigste nicht zu wissen, wer in den französisch-deutschen Beziehungen die Hosen anhat – sondern, ob die beiden Länder noch immer gemeinsam die europäische Integration vorantreiben wollen.

Die Krise der Euro-Zone hat in Frankreich die Sorge vor einem Ungleichgewicht in den deutsch-französischen Beziehungen wieder aufleben lassen. Wenn diese Sorge heute auch eine neue Form angenommen hat, so besteht sie doch mehr oder weniger latent seit dem Fall der Berliner Mauer. Mit dem Ende des Kalten Krieges kehrte Deutschland zu politischer Normalität zurück, während Frankreich an politischem und militärischem Einfluss in Europa verlor. In Paris riefen diese Veränderungen im deutsch-französischen Verhältnis Irritationen und Frustration hervor. Von Sorgen über die künftige Rolle ihres Landes auf der internationalen Bühne geplagt, ereiferten sich französische Politiker regelmäßig über den neuen, selbstbewussten Ton der deutschen Nachbarn. Die deutsch-französische Auseinandersetzung über die Reform der EU-Institutionen im Rahmen der Regierungskonferenz im Jahr 2000 ist bezeichnend für diese angespannte Situation: Paris lehnte es ab, Deutschland aus demografischen Gründen ein größeres Stimmgewicht im Europäischen Rat einzuräumen, was aus französischer Sicht ein politisches Auseinanderdriften und eine Schwächung Frankreichs gegenüber dem Nachbarland bedeutete.