Wer braucht eigentlich noch die SPD?
Artikel vom
Die Neue Mitte ist Geschichte. Nicht nur in Deutschland, auch in England und anderen Staaten ist der neue Weg ausgetreten, den Tony Blair und Gerhard Schröder Ende der 90er-Jahre beschritten haben. Die SPD wird trotzdem noch gebraucht, allerdings nicht für die Neue Mitte: Das hat Angela Merkel übernommen.

Am Abend der Bundestagswahl ist für die SPD eine Ära zu Ende gegangen: die Ära der Agenda-Generation, die Ära Gerhard Schröders und seiner Nachlassverwalter. Das Zeitalter der sogenannten Neuen Mitte ist zu Ende. Längst hat Angela Merkel diese Idee okkupiert, und darauf hat sie unmittelbar nach der Wahl auch noch einmal hingewiesen: Sie wolle die "Kanzlerin aller Deutschen" sein, sagte sie. Um die Mitte besetzt zu halten, will die Bundeskanzlerin jetzt also offen den sozialdemokratischen Part in der Regierung übernehmen, nachdem der Wähler die SPD mit einem Fußtritt aus der Verantwortung befördert und die stets des Neoliberalen verdächtige FDP hineingelassen hat. Wenn aber andere den sozialdemokratischen Part übernehmen können, wer braucht dann eigentlich noch die SPD? Als Gerhard Schröder vor elf Jahren Bundeskanzler wurde, waren viele Länder Europas sozialdemokratisch regiert. Ein Jahr vor Schröders Wahl hatte in Großbritannien schon Tony Blair als strahlender Held das Ruder übernommen und einen "Dritten Weg" verkündet, der einen Ausgleich zwischen einem dynamischen Kapitalismus und einem sorgenden Wohlfahrtsstaat schaffen sollte. Die SPD unter Gerhard Schröder versuchte dasselbe, der Abgang des weiter links stehenden Oskar Lafontaines war wie eine Bestätigung dieses Wegs.