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> Das deutsche Bild von den USA

Was heißt „nörgeln“ auf Englisch?

Wieso meckern eigentlich so viele Deutsche über die Amerikaner?!

The European

Will McAvoy, Nachrichtenmoderator der sensationellen HBO-Serie „The Newsroom“ hatte in der ersten Folge einen grandiosen und sofort im Netz verbreiteten Auftritt vor Studenten, die ihm die Frage stellen, ob er bestätigen könne, dass Amerika immer noch „the greatest country in the world“ sei. Seine Antwort: „Wir führen weltweit in nur noch drei Kategorien: Wir haben die meisten Knastis pro Einwohner; die meisten Menschen, die an Engel glauben; und die höchsten Militärausgaben, da geben wir mehr aus als die nächsten 25 Länder auf der Liste gemeinsam.“ Das ist schockierend. Wie er zweifeln viele in den USA an der Zukunft, die der American Dream für sie noch bereithält. Das Land scheint müde. Deutschland indes interessierte sich dieser Tage für den amerikanischen Wahlkampf – fast wie für ein zweifelhaftes Spektakel, bei dem doch glatt kurz nach der Krise „diese Amerikaner“ einer Heuschrecke hinterlaufen. Dass Obama die Hoffnungen, die er selbst an seine Präsidentschaft knüpfte, nur teilweise einzulösen vermochte – was nicht immer an ihm selbst lag, sondern an der unseligen Blockade der Republikaner – bekommen wir hier nicht so mit.

Das ist natürlich ziemlich überheblich
In der Tat: Schon lange hat sich bei uns ein Unbehagen über unseren stärksten Partner eingestellt. "Schon lange wird an „den Amerikanern“ rumgekrittelt":http://www.theeuropean.de/jennifer-pyka/11396-anti-amerikanismus-in-deutschland-2. Schon während der – sagen wir unsympathischen – Ära George W. Bushs haben sich viele Deutsche zumindest verbal abgewandt von „den Amerikanern“ – womit sie vermutlich mehr die Regierung meinten als Menschen, die sie gar nicht kennen. Das ist natürlich ziemlich überheblich. Denn wie bereits vorher in den USA, geht auch bei uns die soziale Schere auseinander. Auch unsere Marktwirtschaft lebt letztlich auf Kosten anderer Völker. Auch wir verbringen unmäßig viel Zeit auf Facebook (unser deutsches Pendant StudiVZ schwächelt vor sich hin und etwas Besseres ist uns auch nicht eingefallen). Wir kopieren ihre Fernseh-Shows – und steigern dabei mutig noch den Assi-Faktor. Wer einmal American Idol gesehen hat, wundert sich, wo in der deutschen Kopie dieses fäkale Moment herkommt, dieses Dissen, dieses eklige Fertigmachen. Wer sich über die dummen Amis aufregt, guckt einfach mal einen geschlagenen Tag lang deutsche Fernsehproduktionen.
Vielleicht sind wir von dem Mythos USA enttäuscht
Es wird auch gern übersehen, dass Deutschlands militärische Sicherheit maßgeblich von der NATO abhängt, dass die USA ein starker Wirtschaftspartner sind, dass die meisten Nobelpreisträger immer noch aus den USA kommen, dass wir kulturell extrem eng mit den USA korrespondieren, dass der Traum vieler Jugendlicher das Highschool-Jahr in Kalifornien ist und nicht in China oder Russland. Auch wenn man drüben mit einer Mischung aus Neugierde und Naivität zuweilen gefragt wird, ob es diese Nazis immer noch gibt. Da können wir übrigens neuerdings getrost mit „ja“ antworten, und dann die NSU erklären. Vielleicht sind wir von dem Mythos USA enttäuscht. Der sich in vielen Bereichen in der Tat als Blase herausgestellt hat, als überdrehter Motor, als religiös fanatisiertes Gegenteil von Ratio und Aufklärung. Gerade deshalb aber sollten wir den Amerikanern die Hand reichen, Kontakt aufnehmen, hinfahren, Freundschaften schließen und an der Völkerverständigung arbeiten, die so viel fruchtbarer ist als das überhebliche Durchschnittsgenörgel. Denn trotz aller Differenzen teilen wir mit den Amerikanern wesentlich mehr Werte und vor allem ein demokratisches Grundverständnis, von dem andere Weltmächte weit entfernt sind. _log in fragt am Mittwoch um 22.20 Uhr „Barack, Burger, Bagel: Haben wir Amerika satt?“ Im Netz unter login.zdf.de und im Fernsehen auf ZDFinfo. Leserbriefe von The European können in der Sendung aufgegriffen und diskutiert werden._
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