Zeit für die Direktwahl
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Der Bundespräsident bekleidet das höchste Amt in der Bundesrepublik Deutschland. Man sollte meinen, dass ihm angesichts dessen auch eine dementsprechende Wertschätzung durch die Politik zukommt – doch weit gefehlt. Dass dieses Amt mittlerweile als politische Endstation für altgediente Parteisoldaten oder potentielle Rivalen der Kanzlerin dient, ist spätestens seit Christian Wulff offensichtlich.

Bei der jüngsten Wahl stand der ehemalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier schon vorher als Sieger fest. Christdemokraten und Sozialdemokraten hatten sich im Vorfeld auf diesen Konsenskandidaten verständig, womit die Abstimmung eine reine Formsache war. Daher verbreitete die SPD schon vor der Wahl ein Meme, auf dem ihr Mann als kommender Bewohner von Schloss Bellevue stolz als „Schlossherr“ tituliert wurde. Ein lauer Shitstorm in den Sozialen Netzwerken war die Folge. Nichtsdestotrotz bekam der Sozialdemokrat aus Westfalen im ersten Wahlgang bereits 931 Stimme; damit war die Angelegenheit auch schon abgehakt. Kurioserweise gratulierten dem frisch Gewählten schon SPD-Chef Sigmar Gabriel und Bundeskanzlerin Angela Merkel, noch bevor Steinmeier die Wahl offiziell annahm. Freilich war es unrealistisch, dass der ehemalige Außenminister seine neue Position doch nicht annehmen würde, doch zumindest fürs die richtige Abfolge wäre eine Wahlannahme vor den ersten Gratulationen nicht verkehrt gewesen.