Banken an den Kragen
Artikel vom
Gier, Wucher und Riesenboni beherrschen die Finanzbranche. Sigmar Gabriels Offensive gegen Banken ist trotzdem zu kurz gedacht.

Sie konnten Fürsten zu erfolgreichen Kriegsherren machen und deren Reiche mit Handel, Wandel sowie Agrar- und aufkommender industrieller Produktion zur Blüte verhelfen; suspekt aber waren sie immer schon. Zögerlich hoben das frühe und mittelalterliche Judentum und später auch das Christentum das Verbot, mit Zinsen auf geborgtes Geld Geschäfte zu machen, auf. Erst im 19. Jahrhundert gestattete Papst Pius VIII. die Verkoppelung von Krediten mit Zinsgeschäften – immer aber unter der Voraussetzung, dass kein Wucher betrieben werde. Immer noch verfügen viele Banken über enorme gesellschaftliche Macht und haben die Hebel in Händen, Unternehmen aufsteigen oder sie und sogar ganze Staaten in einem ökonomischen Chaos untergehen zu lassen. Der Fall der Witwe Schaeffler und ihrer Unternehmensgruppe im Ringen um die Übernahme von Continental ist noch gut in Erinnerung; die Unternehmerin behielt seinerzeit in bewundernswerter Weise die Nerven und fand bei den Banken zum guten Ende hin auch noch eine Spezies von Grandseigneurs an ihrer Seite, die aber leider mehr und mehr vom Aussterben bedroht zu sein scheinen. Denn seit dem von Investmentbankern und ihrem ebenso gierigen Publikum verursachten Finanzcrash im Sommer 2008 hat eine Dynamik eingesetzt, die die gesamte Finanzbranche, ihr Selbstverständnis und ihre Reputation an den Rand des Abgrunds bringt. Seit Banker auch selbst und in immer größerem Maßstab dazu übergehen, die eigenen unseriösen Geschäftspraktiken zu offenbaren und die eigene Zunft bloßzustellen, rieb sich das Publikum zunächst verstört die Augen und ist nun aber zunehmend entsetzt, welche Persönlichkeitsmuster und Charaktere sich denn in dieser Gilde versammelt haben oder zu solchen Berufsbildern hingezogen fühlen.