Von oben herab
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Religion hat ihr eigenes Verständnis von Aufklärung. Es ist daher kurzsichtig, eine aufgeklärte islamische Theologie zu fordern. Das Insistieren auf den Idealen der Aufklärung dient vor allem der Selbstgewissheit des Westens.

Ein großes Thema in einen kurzen Text zu packen gleicht einem Irrsinn. Wo fängt man an? Natürlich mittendrin, wie es sich für eine anständige Kurzgeschichte gehört. "Wir haben dir das Buch herabgesandt, auf dass du die Streitigkeit unter ihnen [den christlichen und jüdischen Gelehrten] aufklärst“ (Koran 16/64), behauptet der Koran von sich. Er versteht sich als einen Text der Aufklärung, der die Zeit des Unwissens (Djahiliyya) endgültig beendet hat. In der Tat beginnt mit dem Koran eine Zeit der – nicht allein – geistigen Blüte auf der Arabischen Halbinsel. In allen Wissenschaftsbereichen wird produziert, die Perser werden rezipiert, die Griechen übersetzt, wichtiger aber, es herrscht eine immense Selbstdynamik, der gegenüber das europäische Mittelalter in der Tat als dunkel erscheint, eine Bezeichnung, die es sonst nicht ohne Weiteres verdient.