Ein Liederbuch als Stolperstein für ein ganzes Milieu
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Antisemitisches Liedgut im Gesangbuch der pennalen Burschenschaft – das ist widerwärtig, aber das ist keine Staatsaffäre. Anders bei der Germania zu Wiener Neustadt. Denn der ehemalige Spitzenkandidat der FPÖ Niederösterreich, Udo Landbauer, war hier Mitglied, ja, sogar verantwortlicher Vorstand. Nun musste sogar Bundeskanzler Sebastian Kurz eingreifen.

Vorab sei klargestellt, dass die Strophen, die den Skandal auslösten, hier nicht zitiert werden. Sie wurden es ohnehin schon zu oft in allen möglichen Publikationen. Ihre Bekanntheit durch andauernde Wiederholung weiter zu steigern, ist kontraproduktiv. Es ist zu hoffen, dass sie möglichst schnell dem Vergessen anheimfallen mögen. Die Affäre, die sich rund um die Germania zu Wiener Neustadt entsponnen hat, wirft ein denkbar ungünstiges Licht auf das Milieu der Studentenverbindungen in ganz Österreich. Die besondere Dimension der Angelegenheit rührt daher, dass der ehemalige Spitzenkandidat der FPÖ Niederösterreich, Udo Landbauer, Mitglied der Korporation war. Und nachdem der mediale Druck immer großer geworden war, trat der erstens von seinen Ämtern zurück und zweitens aus der Burschenschaft aus. Alle Beteuerungen, er habe die in den Medien vielzitierten Geschmacklosigkeiten nicht gekannt, halfen ihm am Ende nicht. Es ist nur schwer vorstellbar, dass er seit Eintritt in die Germania die Liedtexte nicht gesehen habe; zumal als stellvertretender Vorsitzender. Wie mittlerweile bekannt wurde, handelt es sich auch nicht um ein einzelnes Lied mit rechtsextremen Inhalten. Vielmehr haben die Macher des Liederbuches offenbar mehrere entsprechende Umdichtungen bekannter Studentenlieder gesammelt und in dem Buch zusammengestellt. Somit ist auszuschließen, dass es sich bei dem einen oft zitierten Lied um einen Einzelfall handelt, der „irgendwie reingerutscht“ sei.