Rettungsschwimmen im Solebecken
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Unser Kolumnist ist in ein Tiroler Kurhotel abgetaucht und bittet um Nachsicht, dass er für eine kantige Meinung zurzeit viel zu relaxt ist.

HÖREN SIE – ich komme gerade aus dem Solebecken. Was erwarten Sie? Nach hektischen Wochen bin ich untergetaucht und habe eine geräumige Zirbenholzsuite in den Tiroler Bergen bezogen. Zirbenholz verlangsamt den Herzschlag des Menschen, der sich mit ihm umgibt, um 3.000 Schläge pro Tag. Das haben schon die alten Bergbauern gewusst, wie gesagt wird, das haben nun führende Mediziner bewiesen. Insofern traumwandle ich schon allein wegen dieses magischen Holzgebälks tiefenentspannt zwischen Massagebank, Therme und Sonnendeck mit Blick auf den Gamskogel hin und her und erfreue mich des Wohlstands. Dazwischen steht zwar ein Fernsehschirm in der Lobby, wo unvorsichtigerweise NTV läuft und man Infofetzen von Rohrbomben im Kanzleramt, der über die Obama-Dämmerung triumphierenden Rechten in den USA und einer neuerlichen Girlie-Affäre von Berlusconi erfährt – aber als gelehriger Schüler der Wellnessindustrie gelingt es mir, all das zu ignorieren. Meine Tea-Party-Bewegung findet jeden Nachmittag statt, wenn das Mädchen mit dem Jasminteewägelchen kommt und mir ein Kännchen reicht.