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> Angela Merkel und die Geheimdienst-Affäre

Mutti wusste doch nix

Artikel vom

Alle meckern an Mutti rum, dabei hat sie doch alles richtig gemacht – oder? Hätte sie besser mal rechtzeitig in den Keller geguckt.

The European

Stellen Sie sich einmal eine alleinerziehende Mutter mit riesiger Großfamilie vor, die mit ihrer gesamten Familie, Onkeln, Tanten, Vater, Mutter, Kinder und Enkeln ein gigantisches Mehrgenerationenhaus bezieht. So was wie bei den Wollnys, nur viel, viel größer. In so einem Haushalt muss jeder seine Aufgaben erfüllen. Opa mäht den Rasen, Oma schält Kartoffeln, der Bruder übernimmt den Einkauf, die Schwester kocht, die Kinder bringen den Müll runter. Mutti leitet alles. Beim Einzug und der Schlüsselübergabe bittet der Vorbesitzer Mutti kurz auf die Seite und klärt sie über die Sicherheitsvorrichtungen im Haus auf. Wo der Sicherungskasten ist, wie die Alarmanlage ein- und ausgeschaltet wird und über die speziellen Wachdienste, die im Keller des Hauses arbeiten.

„Und wie kontrolliert man das?“
„Was machen die denn genau?“, fragt Mutti, die immer alles unter Kontrolle haben will. „Genau weiß ich das ja auch nicht“, sagt der Vorbesitzer, „aber die waren schon immer da. Seit das Haus steht. Die sind alternativlos. Sonst könnte ja hier jeder rein- und rausgehen, stehlen oder die Mädchen vergewaltigen. So was hört man ja immer wieder.“ „Da haben Sie wohl recht“, sagt Mutti. „Aber so ganz wohl ist mir ja nicht bei dem Gedanken, dass hier in meinem Haus immer fremde Leute sind, von denen ich nicht genau weiß, was die tun.“ „Keine Sorge, die bemerken sie kaum. Und außerdem müssen Sie natürlich eine Kontrolle organisieren“, meint der Vorbesitzer, der sich als Herr Schröder vorgestellt hatte. „Also, das sind eigentlich drei verschiedene Securities. Jede passt auf unterschiedliche Sachen auf. Die einen darauf, dass niemand von draußen hier was Schlimmes macht, die anderen, dass die Wächter vor dem Gebäude keinen Scheiß bauen, und die dritten, dass keiner von den Anwohnern das Haus von innen zerstören kann. Das wollen wir ja nicht, oder?“ „Natürlich nicht. Und wie kontrolliert man das?“, fragt Mutti zweifelnd. „Also, Sie können sich ja ebenso wenig wie ich um alles selbst kümmern. Ich hatte da so einen, der hat das für mich gemacht. Der war so ehrlich, der hat sich nicht mal die Haare gefärbt. Sie müssen einen Zuverlässigen aus Ihrer Hausgemeinschaft als Koordinator bestimmen. Einen, der Ihnen gegenüber völlig loyal ist. Das ist das Wichtigste. Sonst muss der eigentlich nichts Besonderes können. Der geht dann einmal die Woche in den Keller und sieht nach dem Rechten. Wenn die Security was Wichtiges rausbekommen hat, dann gibt er Ihnen das einfach weiter. Hat auch den Vorteil, dass Sie sich im Keller nicht die Finger schmutzig machen. Da ist ja doch mehr Dreck als hier oben.“ „Das klingt sehr vernünftig. Aber woher weiß ich denn, dass die da unten im Keller nichts Unrechtes machen? Die leben ja immerhin mit uns unter einem Dach“, fragt Mutti besorgt. „Und da, wo ich früher gewohnt habe, gab’s auch so einen Wachdienst. Der hat mir persönlich zwar nichts getan, aber andere Mitbewohner sagen, die wären ganz schlimm zu ihnen gewesen.“ „Das muss natürlich auch so ein bisschen kontrolliert werden. Am besten lassen Sie von den Hausbewohnern eine Gruppe wählen, die das regelmäßig kontrolliert. Eine parlamentarische Kontrollkommission sozusagen, hähähä. Die können dann auch ganz geheime Sachen fragen. Man kann ja nicht damit hausieren gehen, was so eine Security genau macht. Dann wissen die Angreifer das ja auch und vorbei ist es mit der Sicherheit.“ „Und was machen die Kontrolleure dann genau?“ - „Na die können ab und zu Fragen stellen und sich berichten lassen, was da im Keller so vor sich geht. Und wenn sie etwas Unrechtes feststellen, dann können sie das natürlich auch den anderen sagen.“ – „Und wie sollen die was Unrechtes feststellen?“ – „Ja, das ist doch dann deren Aufgabe und nicht Ihre, Gnädigste. Jedenfalls denken die Hausbewohner dann, alles wäre in Ordnung, wenn es von ihren eigenen Leuten kontrolliert werden kann. Und darauf kommt es doch an.“
Mutti ist beruhigt
„Haben die anderen Großfamilien so was eigentlich auch?“ – „Na klar, es muss doch überall aufgepasst werden. Die Welt ist doch so schlecht. Und die Security von den anderen gibt uns auch regelmäßig Tipps, falls bei uns was übersehen wird. Das sind noch echte Freunde. Uneigennützig.“ - „ Ach, das ist ja beruhigend. Woher wissen die anderen denn, wenn bei uns was übersehen wird?“ Schröder räuspert sich. „Ja also, als dieses Haus hier renoviert wurde, da haben wir das so mit denen vereinbart. Sie wissen ja, unser Opa hatte ja seinerzeit einige Häuser von anderen und unseres in die Luft gesprengt. War ja ein richtiger Verbrecher, der Alte. Und als die anderen uns dann beim Neubau geholfen haben, also, wie soll ich es sagen … da haben sie uns nicht so richtig getraut und ein paar Leerrohre eingezogen.“ – „Ach so, ja das verstehe ich. Aber heute sind das doch unsere guten Freunde, oder?“ – „Ja sicher, was denken Sie denn?“ Nachdem der Vorbesitzer sich verabschiedet hat, ist Mutti beruhigt. Sie macht ihren Hausverwalter zum Wachdienstkoordinator. Die Familie sucht ein paar Leute für die Überwachungskommission aus. Alles bestens geregelt. Die Familie kann ruhig schlafen. Sie wird von allen beschützt. Als Mutti nach einigen Jahren aus der Zeitung erfährt, dass einer von den Beschützern aus dem Nachbarhaus erzählt hat, die Freunde würden auch Mutti und ihre Familie rund um die Uhr überwachen, ihre Post lesen, ihre Telefone abhören und ihre Computer beobachten, ist sie sehr erstaunt. Warum haben ihr das denn ihre eigenen Security-Leute aus dem Keller oder ihr Koordinator nicht gesagt? Das ist ja doof. Als einige besonders kritische und aufsässige Mitbewohner sie fragen, wie das denn sein kann, dass fremde Security-Leute mehr über sie wissen als die eigenen, ist Mutti überfragt. Das ist für sie alles Neuland. Außerdem versteht sie nicht, warum die Mitbewohner sich über so was aufregen. Es hat doch immer alles prima funktioniert.
Mutti wusste doch nix
Trotzdem fragt Mutti mal im Nachbarhaus nach. Sie geht aber nicht selbst rüber. Sie kann nicht so gut mit dem Nachbarn. Der hat doch zuletzt, als er zu Besuch war, ohne zu fragen einfach sein Jackett ausgezogen. So, als gehörte ihr Haus ihm. Sie schickt ihren Hausmeister, den Onkel Friedrich. Der ist für die Schlösser im Haus zuständig. Der liebt alles, was mit Sicherheit und Kontrolle zu tun hat. Aber der Hausbesitzer sagt dem Onkel nichts Genaues. Er versteht überhaupt nicht, worüber sich ein paar von Muttis Mitbewohnern so aufregen. Ihnen geht es doch gut und je mehr Security es gibt, umso sicherer ist es doch. Muttis Security ist eh nicht so gut wie die des Nachbarn. "Das findet auch Onkel Friedrich, der den Mitbewohnern erklärt, Sicherheit wäre das Wichtigste überhaupt, das Supersupersuperwichtigste.()":http://www.theeuropean.de/heinrich-schmitz/7213-supergrundrecht-sicherheit Einige maulen zwar, aber den meisten ist es völlig egal. Sie vertrauen Mutti, egal was die macht. Mutti macht das schon richtig. Die Mutti hat ihnen noch nie weh getan, ja noch nicht mal richtig mit ihnen geschimpft. Und dass der nette Nachbar ab und an mal auf die Konten oder in die Schlafzimmer der Bewohner guckt, ist doch auch nicht so schlimm. Er guckt ihnen ja nichts weg. Sie haben nichts zu verbergen, sagen sie. Bei der nächsten Hausbewohnerkonferenz werden sie Mutti wieder die Leitung des Mehrgenerationenhauses übertragen. Das ist doch klar. Die anderen Mitbewohner können das ja auch nicht besser machen, und dann meckern die auch noch immer an Mutti rum. Warum sollten sie böse mit Mutti sein? Mutti wusste doch nix.
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