Der Kultur-Terrorist gesteht
Im Prozess um die Zerstörung des Weltkulturerbes in Timbuktu hat der Chef der islamistischen "Moralbrigade" wortreich seine Schuld gestanden. Ihm drohen mehrere Jahre Haft. Dabei wird der grausame Terror an Menschen nicht einmal verhandelt.

Ahmed al-Faqi al-Mahdi gibt sich reumütig. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof bekennt er sich der Kriegsverbrechen schuldig - erstmals überhaupt hat das ein Angeklagter in Den Haag getan. Al Mahdi präsentiert sich vor Gericht mit seinem wallenden Haar und der intellektuellen Drahtgestellbrille als durch und durch Empfindsamer und Geläuterter. Er lege sein Geständnis mit "tiefem Bedauern und in großem Schmerz" ab, seufzte er zu Beginn des Prozesses. Und mehr noch: Er ruft Muslime in aller Welt dazu auf, seinem schlechten Beispiel nicht zu folgen. "Das wird zu nichts Gutem für die Menschheit führen". Er bedaure, was er der Bevölkerung Timbuktus, dem malischen Volk und der Weltgemeinschaft allgemein angetan habe. "Dies war das erste und letzte Verbrechen, das ich begangen habe", so Al Mahdi. Man solle ihn als "verlorenen Sohn" betrachten, der vom Weg abgekommen sei. Es hätte nur noch gefehlt, dass er das "Vaterunser" und die christliche Bitte um Vergebung zitierte. Prozessbeobachter vermuten, dass der Islamist den perfekt Reumütigen spielt, um eine mildere Strafe zu erreichen. Denn vor seiner Verhaftung sah man Al Mahdi ebenso perfekt in einer radikal anderen Rolle. Er war im staubigen Islamistengewand und Turban ein wortgewaltiger, erbarmungsloser Chef der "Moralbrigade", die als islamistische Tugendwächter die Bevölkerung Malis terrorisierten. Damals wollte er seine Version eines Gottesstaates mit besonderer Härte durchsetzen - Musik wurde verboten, die Vollverschleierung von Frauen durchgesetzt, er organisierte öffentliche Auspeitschungen für Liebespaare. Al Mahdi ging es als oberstem Tugendterroristen darum, das kulturelle Antlitz und Alltagseben der "Gottlosen" zu vernichten. Dazu gehörte die Zerstörung hochrangiger Kulturgüter in Timbuktu, alles, was nach Büchern und Bibliotheken und dem Geist der Vergangenheit aussah, wurde dem Erdboden gleichgemacht. Neun Mausoleen hat er vernichten lassen und den Anschlag auf die Sidi-Yachia-Moschee geplant und ausgeführt. Sie waren Teil des Weltkulturerbes der Unesco.