Es ist die Hölle als Kurde in der Türkei
Mit der Türkisierung kommen Privilegien, und Privilegien sind es, die Eltern für ihre Kinder möchten. Auf den ersten Blick scheint es, dass die vom Staat ausgehende Türkisierung des Landes ein voller Erfolg war: Kurdisch stirbt aus.

Von dem Moment an, in dem du in der Türkei kurdisch sprichst, bist du im Nachteil. Von den großen türkischstämmigen Städten im Westen des Landes bis zu den vor allem kurdischen Regionen im Südosten ist die kurdische Sprache eingebettet in eine Geschichte der Erniedrigung. Vor ein paar Jahren habe ich eine Frau in Kanada getroffen, die sich mir als Türkin vorstellte. Hinterher vertraute sie mir an, dass ihr kurdischer Vater nicht wollte, dass sie Kurdisch lerne, damit sie ein besseres Leben führe als er. Erst nachdem ich ein Jahr lang selbst im Südosten der Türkei verbracht habe (oder in Nordkurdistan, wie Kurden die Region nennen), habe ich verstanden, wie weit dieses Denken die Kurden in der Türkei geprägt hat. Im September 2014 kam ich in Mardin an. Ich sprach kein türkisch, meine Kollegen von der Mardin Artuklu Universität versicherten mir aber, dass ich mich problemlos in kurdisch verständigen könne. Zu diesem Zeitpunkt war Nordkurdistan nach jahrzehntelangem Krieg und Türkisierung wieder auferstanden. Proteste wegen der zögerlichen Friedensverhandlungen zwischen der kurdischen Arbeiterpartei PKK und Erdogans regierenden Partei AK machten 2013 den Weg frei zu einem "Demokratie-Paket", das die Dekriminalisierung der kurdischen politischen Rede, der kurdischen Buchstaben sowie Sprachunterricht in privaten Schulen vorsah.