Lehre und Warnung für Europa
Der Unabhängigkeitstag Kroatiens, der 8. Oktober 1991, markiert den endgültigen Abschied des Landes aus dem ehemaligen Jugoslawien. An jenem Tag beschloss das kroatische Parlament den Abbruch sämtlicher staatsrechtlicher Verbindungen zum jugoslawischen Staat. 25 Jahre danach ist dieser Tag höchst aktuell.

Tags zuvor, am 7. Oktober 1991, hatte die jugoslawische Luftwaffe das Parlamentsgebäude in der kroatischen Hauptstadt Zagreb beschossen. Damit war eine weitere Eskalationsstufe des jugoslawischen Zerfallsprozesses erreicht. Diese Vorgänge fielen in die erste Phase der Balkankriege, die die Region in den 1990er Jahren erschütterten. Doch bereits seit rund hundert Jahren brodelte es zwischen den dort lebenden Völkern. Bereits kurz vor dem Ersten Weltkrieg explodierte das Pulverfass Balkan und es kam zu den beiden Balkankriegen 1912 und 1913. Dass der Weltkrieg 1914 durch das Attentat von Sarajevo, als ein serbischer Nationalist das österreichische Thronfolgerpaar ermordete, ausgelöst wurde, sei nur aus Gründen der Vollständigkeit erwähnt. Im Zweiten Weltkrieg standen sich die unterschiedlichen Volksgruppen nach der Zerschlagung des jugoslawischen Königreiches durch deutsche, italienische, ungarische und bulgarische Truppen als Feinde gegenüber. So verübten in der Folgezeit beispielsweise Einheiten der kroatischen Ustascha-Einheiten Massenmorde an Serben, Juden und Roma. Angesichts dieser gewaltsamen Vorgeschichte trug der nach 1945 gegründete Staat Jugoslawien ein schweres Erbe mit sich. So sollten die Volksgruppen, die sich noch kurz zuvor bekämpft hatten und sich dabei zum Teil schwerster Kriegsverbrechen schuldig gemacht hatten, nun zusammenleben. Das sozialistische Jugoslawien unter der Herrschaft von Josip Broz Tito war eine föderative Republik, die aus sechs Teilrepubliken bestand. Slowenien und Kroatien waren davon die wirtschaftlich stärksten und übertrafen Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro und Mazedonien. Dieses wirtschaftliche Ungleichgewicht sollte eines der Argumente werden, mit der Slowenen und Kroaten unter anderem ihre späteren Abspaltungswünsche begründeten. Denn sie wollten nicht für die ärmeren Republiken als Zahlmeister herhalten.