In Deutschland gehen durch mangelnde Organisation rund die Hälfte aller potenziellen Transplantate verloren, obwohl Patienten einen Spenderausweis haben oder die Angehörigen grundsätzlich bereit wären, einer Organspende zuzustimmen. Dabei warten aktuell etwa 12.000 Menschen auf ein geeignetes Spenderorgan, täglich sterben drei von ihnen, weil kein passendes für sie bereitgestellt werden kann. Diese Zahlen stehen im krassen Widerspruch zu der grundsätzlichen Bereitschaft der Bevölkerung, ihre Organe nach dem Tod zu spenden. In aktuellen Umfragen begrüßen nämlich 74 Prozent der Deutschen die Organspende.
Fachpersonal muss den Ärzten die Arbeit abnehmen
Das Hauptproblem von fehlenden Transplantaten in Deutschland liegt demnach nicht in der grundsätzlichen Bereitschaft der Deutschen, ihre Organe nach dem Tod zu spenden, begründet. Vielmehr mangelt es an der Identifizierung potenzieller Organspender, was vor allem an der schlechten Organisation in den Krankenhäusern liegt. Ärzte haben im Klinikalltag oftmals nicht die notwendige Zeit, sich neben ihrer eigentlichen Arbeit auch noch mit diesem schwierigen Thema zu befassen. Die Organisation der Organspende müsste den Ärzten deshalb dringend von geschultem Fachpersonal abgenommen werden. Diesbezüglich lohnt sich ein Blick ins europäische Ausland. Spanien ist in Bezug auf die Organtransplantation in Europa mit Abstand das erfolgreichste Land: Auf eine Million Einwohner kommen 34,4 Organtransplantationen – mehr als doppelt so viele wie in Deutschland.
Gute Organisation führt zu höheren Spenden
Nach einhelliger Meinung aller Experten liegen diese vergleichsweise hohen Werte nicht in einer überdurchschnittlich hohen Spendenbereitschaft der Spanier begründet, sondern in der guten Organisation in den spanischen Krankenhäusern und vor allem der Bereitstellung von sogenannten Transplantationskoordinatoren. Letztere sind speziell geschulte Krankenhausmitarbeiter, die den gesamten Prozess der Organspende einleiten und begleiten. Sehr wichtig ist hierbei, dass die geschulte Kraft mit ausreichend Zeit das sensible Gespräch mit den Angehörigen führen kann. Außerdem müssen viele praktische Dinge in Angriff genommen werden, wie zum Beispiel die Vorbereitung des Hirntoten auf die Organentnahme und die Koordination mit den Transplantationsorganisationen zur Identifizierung eines möglichen Empfängers. Der gesamte Prozess wird also von einer Person eingeleitet und gesteuert. Dieses Organisationsmodell ist der Grundstein für die spanische Erfolgsgeschichte.
Wir haben die Chance, Leben zu retten
Für Deutschland bedeutet dies, dass wesentlich weniger Menschen sterben müssten, wenn wir das System der Transplantationskoordinatoren wie in Spanien konsequent einführen würden. Von Spanien lernen heißt in diesem Fall Leben retten. Das Europäische Parlament hat diese Notwendigkeit zuletzt wiederholt und ich bin sehr froh darüber, dass der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung dies nun ebenfalls vorsieht. Es geht darum, den Entwurf im Sinne der Patienten schnellstmöglich zu verabschieden und sehr zügig umzusetzen. Denn jeden Tag haben wir die Chance, mindestens drei Menschen vor einem vermeidbaren Tod zu bewahren.