Deutsche Behörden sind überfordert, wenn es um das schnelle Einfrieren von Vermögenswerten russischer Oligarchen geht. Das kristallisiert sich zehn Tage nach Inkrafttreten des Sanktionsregimes gegen russische Milliardäre immer mehr heraus. Während beispielsweise in der Schweiz in der vergangenen Woche, eilig im Privatjet gelandete Oligarchen in Zürich und Genf vor verschlossenen Banktresoren standen, während die italienische Regierung unter Mario Draghi eine Task Force eingerichtet hat, um Vermögenswerte wie Geld, Yachten, Häuser und Flugzeuge zu blockieren, schieben die Verantwortlichen in Deutschland die Zuständigkeiten hin und her.
Deutlich wird das in einer offiziellen Mitteilung der Deutschen Bundesbank, die an sich dafür zuständig ist, Vermögenswerte jener Oligarchen einzufrieren, die auf der EU-Sanktionsliste stehen. Welcher Ablauf dazu nötig ist, liest sich auf der Website der Bundesbank seit Anfang dieser Woche so: „Das insoweit in Deutschland zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erlässt in diesen Fällen im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium der Finanzen sowie im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank beschränkende Eilmaßnahmen.“ Damit sind bereits vier Institutionen genannt, die sich einigen müssen.
Keiner weiß genau, was unbrauchbar gemacht wurde
Entsprechend schmallippig regiert die Bundesregierung auf die Frage, ob in Deutschland bereits Vermögenswerte eingefroren oder beschlagnahmt wurden: Es gibt keine Auskunft. Das immer wieder als erstes genannte von Robert Habeck (Grüne) geführte Wirtschaftsministerium teilt auf Anfrage mit: In der Bundesregierung, in den Ländern und den zuständigen Vollzugs- und Ermittlungsbehörden gebe es „etablierte Strukturen und Prozesse”. Diese würden jetzt „zügig auf eine effektive und effiziente Umsetzung der Russland-Sanktionen ausgerichtet.”
Teil dieser angeblich effizienten Umsetzung sind Zoll, Polizei, Staatsanwaltschaft und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Sie alle können aber nur loslegen, wenn Vermögenswerte sanktionierter Oligarchen in Deutschland überhaupt zu identifizieren sind. Die wahren Eigentümer von Flugzeugen, Luxusjachten oder Immobilien verstecken sich aber oft hinter komplizierten Unternehmenskonstruktionen.
So kommt es, dass derzeit keiner in Deutschland weiß, wieviel oder ob überhaupt schon Vermögenswerte der sanktionierten Oligarchen unbrauchbar gemacht wurden. Alles sieht danach aus, als würde das größte Land der EU in Sachen Sanktionen auch das größte Leck der EU darzustellen.