Wie die Deutschen ticken: Schmale und breite Wege der Wählerwanderungen
Die klassische Sonntagsfrage gibt einen Eindruck der aktuellen Stimmung, wenn genau jetzt Wahlen wären. Dabei gerät gerne in Vergessenheit, wie wechselbereit die Wählerinnen und Wähler tatsächlich sind. Der erste Blick derjenigen, die sich mit Entwicklungen beschäftigen, gehört den zusätzlich möglichen Stimmen, dem noch gewinnbaren Potential. Das ist zum Beispiel bei der SPD fast so hoch, wie das tatsächliche Ergebnis der Sonntagsfrage. Das zusätzlich mögliche Potential bei Bündnis90/Die Grünen, FDP und Linke übertrifft sogar deren jeweiliges Sonntagsfrageergebnis.

Dabei lohnt aber auch ein zweiter Blick, um zu erfahren, welche aktuellen Wähler man verlieren könnte. Auf 30 bis 50 Prozent der Wähler ihrer aktuellen Wählerschaft können sich die Parteien nicht wirklich verlassen. Dieser Stimmen können sich die Parteien nicht sicher sein, weil die Befragten sagen, dass sie sich nicht sicher sind, ob sich ihre Wahlabsicht bis zum tatsächlichen Wahltag nicht doch noch ändert. Der Prozentwert der derzeit maximal möglichen Zustimmung – Sonntagsfragenergebnis plus Potential – ist bei den Parteien zwei bis sieben Mal so hoch wie die jeweils sicheren Stimmen.
Es lohnt sich also, die nicht sicheren Wähler ebenso im Blick zu behalten, wie die noch zusätzlich gewinnbaren.
Es gibt schmale und breite Wege der Wählerwanderungen. Dazu muss man wissen, dass die SPD die meisten ihrer zusätzlich möglichen Stimmen von den Grünen und der Union holen kann, die Union von den Ampel-Parteien, die Grünen von SPD und Union, die FDP von der Union, die AfD von CDU/CSU und FDP und Die Linke von Grünen und SPD. Natürlich lässt sich von der aktuellen Linken, die unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt, für alle anderen Parteien wenig holen. Auch zwischen Grünen und AfD gibt fast keine Wählerbewegungen.
Wenn Sie also am kommenden Sonntag die Wählerwanderungen zwischen den Parteien bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein verfolgen, dann denken sie an unsere Wählerpotentialanalyse.
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Sie zeigt, zwischen welchen Parteien die hauptsächlichen Wählerwanderungen stattfinden. Ob und in welcher Deutlichkeit es dazu kommt, das entscheidet sich dann oft an den Persönlichkeiten der Spitzenkandidaten bzw. an einem gerade bestimmenden Thema. Das alles ist selten überraschend. So war es am 27. Februar im Saarland, so ist es am Sonntag in Schleswig-Holstein und so wird es in einer Woche in Nordrhein-Westfalen sein.