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Vorsicht – die Coffee-Badger kommen

Arbeitgeber wie Trigema-Chef Wolfgang Grupp halten nichts von Homeoffice. Arbeitnehmer sind dagegen angetan. Um den Spagat zwischen dem, was der Chef will, und dem, was einem selbst gefällt, auszuhalten, gibt es eine neue Methode: „Coffee-Badging“ heißt sie und beschreibt, das Gesichtzeigen im Büro für ein paar Stunden. Frank Weishaupt, Chef von Owl Labs, einem Anbieter von Videokonferenztechnologie, beschreibt, wie das geht.Von Frank Weishaupt

„Coffee-Badging“ heißt der neue Spagat zwischen Büropräsenz und Homeoffice.
„Coffee-Badging“ heißt der neue Spagat zwischen Büropräsenz und Homeoffice.

Ist 2023 das Jahr der großen „Rückkehr ins Büro"? Immerhin knapp die Hälfte (46 Prozent) der deutschen Arbeitnehmenden gibt an, wieder Vollzeit im Büro zu arbeiten. Allerdings: Nur 18 Prozent der Befragten wollen das tatsächlich auch. Die Mehrheit (64 Prozent) präferiert Hybridarbeit: 40 Prozent am liebsten in Form von festgelegten Homeoffice-Tagen (strukturierte Hybridarbeit), 24 Prozent in Form einer flexiblen Lösung (keine festgelegten Homeoffice-Tage). 18 Prozent würden es bevorzugen, vollständig remote zu arbeiten. Diese und weitere Erkenntnisse liefert die State of Hybrid Work 2023, eine internationale Studie im Auftrag von Owl Labs.

Sie zeigt abermals, dass ein Großteil der deutschen Arbeitnehmenden die Vorzüge des Homeoffice nicht mehr missen möchte: 33 Prozent der Befragten, die derzeit in einem hybriden Modell arbeiten, würden bei Homeoffice-Verbot ihres aktuellen Arbeitgebenden zwar erstmal ins Büro zurückkehren, sich aber nach einem neuen Arbeitsplatz umschauen. 7 Prozent würden sogar direkt kündigen. Die Mehrheit der deutschen Befragten (61 Prozent) findet darüber hinaus, dass es für die Arbeit aus dem Homeoffice – wo möglich  – einen gesetzlichen Anspruch geben sollte. Derzeit gibt es in Deutschland keine gesetzliche Regelung dazu. Arbeitnehmende sind also auf das Wohlwollen ihrer Arbeitgebenden angewiesen, die Homeoffice-Genehmigungen im Prinzip jederzeit und ohne Begründung verweigern oder widerrufen können. Ich meine: Die Forderung zur vollständigen Rückkehr ins Büro bei Arbeiten, die problemlos von überall erledigt werden können, ist vielleicht legal, aber veraltet. Mitarbeitende sollten dort arbeiten dürfen, wo sie am produktivsten sind.

Bereits 2022 zeigte der State of Hybrid Work-Report, dass Remote- und Hybridarbeit in Deutschland nicht ganz vorurteilsfrei gegenüber der Arbeit im Büro sind. Auch 2023 machen sich 43 Prozent der Befragten noch Sorgen, dass ihre Vorgesetzten Mitarbeitende im Büro für fleißiger und vertrauenswürdiger halten als Teammitglieder im Homeoffice. 2022 waren es noch 56 Prozent. 35 Prozent befürchten, dass sie durch die Arbeit im Homeoffice weniger Mitspracherecht haben und Chancen verpassen, verglichen mit 44 Prozent im Jahr 2022. 

Ich stelle deswegen fest: Das Vertrauen in Hybridarbeit nimmt zu, wir sind aber noch nicht am Ziel. Vorurteile halten sich hartnäckig. Dies führt im Jahr 2023 anscheinend zu neuen Verhaltensweisen von Teammitgliedern, die versuchen, im Büro Präsenz zu demonstrieren, obwohl sie lieber im Homeoffice arbeiten: Das Phänomen „Coffee Badging“ beschreibt Mitarbeitende, die nur für ein paar Stunden ins Büro gehen, um ihr Gesicht zu zeigen, und dann direkt wieder nach Hause gehen.  Mehr als ein Drittel (38 Prozent) der deutschen Befragten, die aktuell hybrid arbeiten, gaben an, schon mal „Coffee Badging" betrieben zu haben. Weitere 16 Prozent würden es gerne mal versuchen.

Die Deutschen sind offenbar bereit, Opfer zu bringen, um mehr Flexibilität zu erhalten: 39 Prozent der Befragten würden für flexible Arbeitszeiten auf 10 Prozent oder mehr ihres Gehalts verzichten, 37 Prozent für einen flexiblen Arbeitsort. Noch beliebter ist mehr Freizeit: 45 Prozent würden für eine 4-Tage-Woche (acht Stunden/Tag) auf 10 Prozent oder mehr ihres Gehalts verzichten.  Es besteht damit eine Sehnsucht nach einer besseren Work-Life-Balance und einer Abkehr von der 9-to-5-Mentalität. So könnte beispielsweise die Zunahme von KI-Tools zukünftig dazu beitragen, die Arbeit effizienter zu gestalten. Tatsächlich glauben 34 Prozent der Befragten, dass generative KI ihnen in den nächsten 5 Jahren dabei helfen wird, ihre Arbeit schneller oder effektiver zu erledigen. 

Die Nachfrage nach flexibleren Arbeitsmodellen treibt auch die Nachfrage nach entsprechender Technologie und Tools voran. Acht von zehn Mitarbeitenden haben in hybriden Meetings laut der Studie schon einmal Zeit aufgrund technischer Schwierigkeiten verloren. Da überrascht nicht, dass Arbeitnehmende sich von ihren Arbeitgebenden in den nächsten zwei Jahren allem voran bessere Videokonferenztechnologie (33 Prozent) wünschen, gefolgt von KI-Assistenten (26 Prozent). Virtual-Reality-Headsets wünschen sich 19 Prozent. Vorsicht jedoch bei der Auswahl der richtigen Tools: 44 % der Arbeitnehmenden haben das Gefühl, dass ihr Unternehmen zu viele Kommunikationsplattformen nutzt. 

Abseits von modernen Tools und der neuesten Technik bemühen sich Arbeitgebende verstärkt um eine ansprechende Büroumgebung, um Mitarbeitenden die Anwesenheit im Büro schmackhafter zu machen. Wir sehen immer häufiger auffällige Ausstattungen der Büroräume, die offenbar dazu beitragen sollen, Mitarbeitende wieder stärker ins Büro zu locken. Daran ist grundsätzlich erstmal nichts falsch, Unternehmen sollten aber die Funktionalität dabei nicht aus den Augen verlieren. Büros brauchen vielleicht ein Makeover, um neue Arbeitsformen besser zu unterstützen. Dies fängt oft aber mit Technologie an, die Zusammenarbeit von überall aus begünstigt. 

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