Wir lassen uns von Amerika ausspionieren und unternehmen nichts
Artikel vom
Vor Jahren sagte die in der veröffentlichten Meinung hochgelobte Kanzlerin: Ausspionieren unter Freunden geht gar nicht. Hat sie etwas gemacht? Fehlanzeige! Von Oskar Lafontaine.

Die Jugendlichen in den USA, die die chinesische Internetplattform TikTok nutzen, haben Trump geärgert. Sie buchten zu Tausenden Plätze zu seinem Wahlkampfauftakt und kamen dann nicht. So blieben viele Plätze leer und die als Highlight geplante Wahlkampferöffnung war eher ein Reinfall. Jetzt hat Trump angedroht, TikTok in den USA zu verbieten. Mit der nachvollziehbaren Begründung, er könne nicht zulassen, dass ein chinesischer Internetkonzern die privaten Daten der US-Bürger sammele und dem chinesischen Geheimdienst zur Verfügung stelle.
Dass die US-Internetkonzerne dasselbe in der ganzen Welt (Ausnahmen: China und Russland) machen, stört ihn natürlich nicht. Selbstverständlich maßt sich die US-Verbrecherclique an, die ganze Welt im „Kampf gegen den Terror“ auszuspionieren.
Wo bleiben die Europäer? Wann endlich haben die europäischen Regierungschefs den Mut, die Ausplünderung des Privatlebens aller Europäer durch die US-Konzerne zu unterbinden?
Vor Jahren sagte die in der veröffentlichten Meinung hochgelobte Kanzlerin: Ausspionieren unter Freunden geht gar nicht. Hat sie etwas gemacht? Fehlanzeige! Wir brauchen eine europäische Plattform, öffentlich-rechtlich kontrolliert, die dem unverschämten orwellschen Treiben der US-Konzerne in Europa, ebenso wie demjenigen chinesischer Konzerne, den Riegel vorschiebt. Selbstgefällig reden wir von liberalen Demokratien, in denen wir angeblich leben. Liberale Demokratien, in denen Menschen rund um die Uhr ausspioniert werden, welch ein Widerspruch. Die Enteignung des Privatlebens und die Zerstörung der Demokratie können wir nicht weiter hinnehmen, wenn wir uns selbst nicht lächerlich machen wollen