Nach dem Zechprellerabend: Das muss ich den Gerd jetzt dringend fragen
Der Altkanzler hatte zum Essen ins Hamburger Nobelrestaurant Lakeside eingeladen. Einer seiner Gäste, ein iranischer Geschäftsmann, zahlte jedoch nicht wie abgemacht seine Drinks. Seither ist eine Rechnung von 6117 Euro offen, Schröder ist schon wieder ins Fettnäpfchen getreten – und ich habe dringende Fragen.Von Oliver Stock

Ich gebe zu, ich hatte schon immer ein Herz für Schröder. Vielleicht liegt es daran, dass er ein Golffreund vom Freund meines Papas ist und ich sein Handicap kenne (ziemlich gut für einen 79jährigen). Vielleicht auch daran, dass ich wie der Altkanzler aus Hannover komme, das gerade klein genug ist, um sich nicht aus den Augen zu verlieren, sondern sich bei Da Enzo in der Markthalle auf einen Aufputscher oder Absacker zu treffen. Dort kostet übrigens der Espresso 1,90 Euro und Schröder hätte mich vor ein paar Jahrzehnten, als er noch Landesvater in Niedersachsen und ich Jungredakteur dort war, und wir zu fortgeschrittener Stunde „Du“ zueinander sagten, sogar dazu eingeladen. Vielleicht liegt es auch an seiner „Agenda 2010“, von der ich glaube, dass sie das größte Reformwerk für Deutschland in diesem Jahrhundert war.
Man muss die Pinunzen zusammenhalten
Naja egal. Inzwischen residiert der Gerhard jedenfalls nur noch manchmal bei Da Enzo, dafür aber jüngst in dieser Nachbarstadt von Hannover, Hamburg heißt sie, im Fontenay-Hotel, das dem Milliardär Klaus-Michael Kühne gehört und in dessen Lakeside-Restaurant der Espresso Macchiato 5,50 Euro kostet, was Enzo aus Hannover vermutlich die Tränen in die Augen treibt. Klar, dass Schröder in den Kühne-Schuppen nicht jeden einfach so einladen kann. Er ist zwar inzwischen selbst ein Millionär dank seines Engagements bei russischen Energieversorgern und einer hübschen Apanage als Altkanzler, aber als alter Sozialdemokrat weiß er auch, dass man seine Pinunzen zusammenhalten muss.
Er hat deswegen, als er am Sonntag ein paar Geschäftsleute im Lakeside zum Essen einlud, klipp und klar gesagt: „Jungs, das Essen geht auf mich. Die Drinks zahlt jeder selbst. Basta.“ So jedenfalls stellt er es dar, und ich glaube ihm schon wegen seiner blauen Augen, aber auch, weil ich weiß, dass er weiß, dass gerade die Drinks in solchen Schuppen ins Geld gehen. So ähnlich steht es auch im Polizeibericht, denn der Abend endete nicht nur feucht, sondern auch unfröhlich: Ein Gast, der im Bericht als der den Beamten bereits bekannte Iraner Mazid Y.-F. benannt wird, machte einen polnischen Abgang, bevor seine Zeche von 6117 Euro für die Drinks bezahlt war.
Fragen über Fragen
Jetzt ergeben sich folgende Fragen, die ich dringend mit Gerhard bei Da Enzo besprechen muss. Erstens: Was um Allahs willen, hat dieser Iraner getrunken? Es werden nicht 1123 Espresso sein, die es für die Summe jedenfalls gegeben hätte. Zweitens: Wieso gehst Du eine Woche nach dem Überfall auf Israel ausgerechnet mit einem Landsmann Essen, dessen Heimat angesichts der israelischen Opfer jubelt? „Gerhard“, würde ich tadelnd sagen, „Du hast auch ein Talent auf dem falschen Bein ´Hurra´ zu schreien. Erst dieser Putin, dem Du nicht die Meinung geigst, und nun so einer.“ Mich hätte auch interessiert, was denn So-yeon Schröder-Kim dazu sagt, seine fünfte Ehefrau, die es, wie mir der Golffreund versichert, schafft, den Altkanzler vor dem Schlimmsten zu bewahren, was auch immer das noch sein kann. Auch würde ich ihm sagen, dass ich gerne mal wieder etwas Gescheites von ihm hören möchte. Zum Beispiel wie damals 2002, als er dem US-Präsidenten George Bush gesagt hat: „Solidarität ja, Abenteuer nein“ und der dann allein mit den Briten in den Irak-Krieg ziehen musste. Das hat mir imponiert.
Wahrscheinlich wird der Gerhard mir dann antworten, wie er schon anlässlich seiner Steuerreform 2003 sagte: „Man kann es immer so machen oder so. Ich bin für so.“ Schlauer bin ich dann natürlich auch nicht. Aber irgendwie mag ich den Alten dafür. Noch immer.