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Mit diesen kleinen und großen Tricks werden Sie glücklicher

Oprah Winfrey hat gemeinsam mit einem renommierten Professor ein Buch über das Glück geschrieben und damit in den USA für Furore gesorgt. Nun ist es auch auf Deutsch erschienen. Es ist zur Abwechslung ein Ratgeber, der tatsächlich hilft.Von Thorsten Giersch

Oprah Winfrey präsentiert ihr neues Buch "Building the Life You Want: The Art and Science of Getting Happier".
Oprah Winfrey präsentiert ihr neues Buch "Building the Life You Want: The Art and Science of Getting Happier".

Das gute an der kalten Jahreszeit ist der Geruch – zumindest bei denen, die Kochen oder Backen können. Gerade rund um Weihnachten duftet es oft nach Plätzchen oder einem leckeren Braten. Jeder weiß: Der Duft ist nicht die Mahlzeit, wohl aber ein Hinweis auf die Mahlzeit. 

So ist es auch beim Glücklichsein: Der Duft, das sind die Glücksgefühle, das Kribbeln im Bauch. Aber sie sind nicht die Mahlzeit, also das Glück. Das verwechseln die Menschen oft. Und anders, als viele annehmen, ist Glücklichsein eben nicht rein subjektiv und auch nicht nur eine Sache von situativen Gefühlen. Wenn das so wäre, könnte man darüber nicht forschen und die Bücher darüber wären vermutlich nur zwei Worte lang: viel Glück! 

Das sind typische Gedanken, wie sie in „Build the Life You Want“ stehen. Ein Buch, das in den USA zum Bestseller wurde und nun auf Deutsch erscheint. Der Erfolg liegt zweifellos auch an der Prominenz der beiden Autoren: Geschrieben haben es der Harvard-Professor Arthur Brooks und Oprah Winfrey, Moderatorin, Kommunikationspionierin und Philanthropin. Selbst diese Bezeichnungen werden ihr kaum gerecht, weil die 69-Järhrige so viel Neues gemacht hat, dass sie schlecht kategorisierbar ist. Da wirkt das Vorhaben, ein Buch über das Glücklichsein zu schreiben, als medialer Selbstmordversuch: Wie will man zwischen zwei Buchdeckel pressen, womit die US-Amerikanerin nicht einmal in 25 Jahren in der Oprah Winfrey Show so richtig fertig wurde? 

Sie wählte den wohl klügsten Weg, nämlich sich einen fähigen Co-Autor zu suchen. Mit Arthur Brooks hat sie den gefunden: Professor für Managementpraxis auf der einen Seite, schreibkundiger Bestsellerautor und Kolumnist für die Zeitschrift „The Atlantic“ auf der anderen. Zudem gibt Brooks im Vorwort zu, dass es ihm selbst jahrelang alles andere als leichtgefallen war, mit seinem Leben zurecht zu kommen und ihn der Lehrpfad recht steinig daherkam. 

Unterm Strich kann auch „Die Kunst und Wissenschaft des Glücklichseins“, so der deutsche Titel, nicht zaubern. Vom Lesen allein wird niemand glücklich, was erst recht für das Lesen einer Zusammenfassung des Buches gilt. Aber dieses Buch ist eine nützliche Anleitung zum Selbstmachen mit wohl portioniertem Pathos inklusive realer Beispiele und ganz viel wissenschaftlichen Erkenntnissen, die effektiv addiert wurden. 

So betonen die beiden Autoren pragmatisch, dass es zunächst einmal um Definitionsfragen geht: Glücklichsein sei kein Ziel, sondern eine Richtung. Heißt: man kann nicht „glücklich“ per se sein, aber „glücklicher“ als zum Status Quo, was ein recht großer Unterschied ist. „Wir können auch aufhören zu glauben, dass unsere individuellen Probleme die Gründe dafür sind, dass wir das Glück nicht erlangen können.“ Auf der einen Seite können Menschen trotz der schönsten Lebensumstände unglücklich sein. Auf der anderen Seite „können sie sogar glücklicher werden, weil sie Probleme haben“. Der wesentliche Grund für Unzufriedenheit ist, dass viele von uns nicht einmal wissen, was wir genau steigern wollen. Anders herum formuliert: Wer nicht weiß, was ihn unglücklich macht, kann auch nicht vorankommen. 

Es ist wie beim Kochen: Wer die Zutaten nicht kennt, wird nie ganz verstehen, warum einige Gerichte besser schmecken als andere. Für Brooks und Winfrey sind die drei wesentlichen Zutaten des Glücks Genuss, Befriedigung und Sinn. Genuss ist dabei der Drang nach lustvollen Erlebnissen plus Teilnahme und Bewusstsein. Heißt: eine Currywurst allein zu essen, kann lustvoll sein. Aber ein Abendessen mit der Familie inklusiver guter Gespräche ist Genuss. Die zweite Zutat Befriedigung hat in diesem Fall wenig mit Sexualität zu tun, sondern gemeint ist das Gefühl, ein Ziel erreicht zu haben, für das man hart gearbeitet hat. Ohne Opfer und Anstrengung ist Befriedigung also nicht zu erreichen. Ohne Genuss und Befriedigung kann es der Mensch eine Weile lang aushalten, aber ohne die dritte Zutat, Sinn, geht es nicht lange gut. Ohne ein Gefühl von Bedeutung lassen sich die unausweichlichen Rätsel und Dilemmata des Lebens kaum ertragen. 

Wenn man sich seine Gefühle schon nicht aussuchen kann, so doch zumindest unsere Reaktion darauf. Jeder kann sich entscheiden, ob er verbittert zurückbleibt oder sich rasch erholt. Die Geschichte ist nicht zu ändern, aber unsere Perspektive der Geschichte. Auf Deutsch lässt es sich leicht am Begriff „Be-Deutung“ erklären: Die Menschen geben Vorkommnissen durch ihre Deutung eine eigene Bewertung. Metakognition lautet der Fachbegriff dafür, seine Emotionen bewusst zu erleben und sie einzuordnen. Wenn der Duft nicht stimmt, wird uns die Mahlzeit kaum schmecken. 

Die Frage „Werde ich glücklicher, wenn ich mich auf meine eigenen Wünsche konzentriere oder wenn ich mich stattdessen darauf konzentriere, etwas für andere zu tun?“ ist komplex und in erster Linie mit der Sauerstoffmasken-Metapher zu beantworten: Bei Notfällen im Flugzeug soll erst jede und jeder für sich die Maske aufziehen – und erst dann den anderen helfen, selbst wenn das eigene Kind neben einem sitzt. Allerdings sind die Menschen, die moralisch handeln, glücklicher als die, die „nur“ moralische Gedanken haben und diese beiden Gruppen sind wiederum deutlich glücklicher als die Menschen, die sich nur um sich kümmern. Weniger Konzentration auf sich und die eigenen Wünsche macht unser Leben angenehmer, so der Stand der Forschung. Aber Vorsicht: Empathie, übrigens nicht zu verwechseln mit Anteilnahme, wird als Weg zum glücklichen Leben laut des Autorenpaars erheblich überschätzt. Die Forschung habe gezeigt, dass emphatische Menschen die Last anderer mindern können, ja. Aber das gehe auf Kosten des eigenen Wohlbefindens. Empathische Menschen sollten also ihre Widerstandsfähigkeit trainieren. 

Hier haben die Autoren ein paar praktische Handlungsempfehlungen, zum Beispiel, Spiegel zu vermeiden. Also tatsächlich sich häufiger als nötig selbst im Spiegel zu betrachten, aber vor allem spiegelähnliche Phänomene zu vermeiden, allen voran Social Media. Selbst die Selbstansicht in Videokonferenz sollte man ausschalten, rät die Forschung. Zweitens sollten wir aufhören, alles um uns herum zu beurteilen: „Beurteilen mag aussehen wir eine Beobachtung, ist es aber nicht.“ Man bringe die Beobachtung der äußeren Welt in sich hinein und verwandelt sie in etwas, bei dem es um uns geht. Stattdessen sollen wir schlichtweg mehr über die Welt um uns herum staunen mit kindlichem Gemüt. Das Gefühl der Ehrfurcht verringere das Gefühl des Selbst. 

An das Prinzip „Liebe auf den ersten Blick“ glauben die beiden Autoren nicht. Überhaupt führe leidenschaftliche Liebe nicht immer nachhaltig zum Glück. Dem setzen sie „tiefe Freundschaft der kameradschaftlichen Liebe“ entgegen. 

Brooks und Winfrey haben aus Forschungsergebnissen fünf Wege extrahiert, um diese zu entwickeln: Erstens „lockerer werden“. Damit ist gemeint, dass kameradschaftliche Liebe im Gegensatz zur oft schweren leidenschaftlichen leicht ist. Also lieber auch mal herumalbern, wie man es mit einem guten Freund tut. Zweitens soll man die kameradschaftliche Liebe mehr auf beide lenken und nicht auf den Einzelnen. Heißt auch: Keine Angst zu haben vor einem Streit, es aber „richtig anstellen“. Wer häufig „wir“ in Konfliktsituationen verwendet, ist zufriedener, sagt die Forschung. Der dritte Ratschlag lautet, ein gemeinsames Konto zu eröffnen, das „Geld auf Team zu setzen“. Wer sein Geld zusammenwirft, sei in der Tendenz glücklicher, so die Wissenschaft. Weg Nummer vier: „Betrachten Sie Auseinandersetzungen wie ein Training“. Auch wenn Streit schmerzhaft ist, es ist keine Strafe. Der fünfte Punkt dürfte keine Überraschung sein: Kameradschaftliche Liebe soll exklusiv sein, also keine Seitensprünge und ähnliches. 

Neben Liebe braucht der Mensch Freunde, um glücklich zu sein – und hier gilt alles andere als Exklusivität: Von einer Quantifizierung des engsten Kreises halten die Autoren nichts, einer sollte es allemal sein, gern aber auch mehrere, höher als zehn sollte die Zahl richtig guter Freunde aber nicht sein. Die Autoren warnen davor, Freunde instinktiv nach Nützlichkeit zu bewerten. Richtig gute Freunde zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie keinen direkten Nutzen für einen haben. Ganz anders übrigens als ein gutes Sachbuch. 

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