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Gesellschaft & Kultur > Krieg in der Ukraine

Scholz lässt Putin eine Hintertür offen

Zwischen den Zeilen steckt sein Friedensangebot: Die Regierungserklärung des Kanzlers bietet dem russischen Machthaber die Möglichkeit, den Krieg gesichtswahrend zu beenden. Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier

SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz, Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Kenzo Tribouillard
SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz, Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Kenzo Tribouillard

Olaf Scholz ist kein Haudrauf-Politiker. Das wissen wir schon. Und das schätzen wir. Seit seiner Regierungserklärung von heute wissen wir aber noch mehr: Der deutsche Kanzler lässt auch Putin eine Hintertür offen, um den Krieg in der Ukraine gesichtswahrend zu beenden. Zwei Punkte, die er gesagt hat, und einer, den er bewusst weggelassen hat, sind ein Angebot an den Machthaber im Kreml.

Erstens achtet Scholz bei der Beschreibung des Kriegsziels genauer als alle anderen auf seine Wortwahl.

„Russland darf nicht gewinnen, die Ukraine muss bestehen“, sagt er diesmal. Was er ausdrücklich nicht als Kriegsziel nennt, ist der Sieg der Ukraine. Scholz weiß, dass alles, was danach aussieht, für Russland und seine Herrscherclique nicht hinnehmbar wäre. Um den Krieg zu beenden, braucht Putin ein Ergebnis, das seine Propaganda immerhin noch als Sieg ummünzen kann. Scholz will ihm diese Möglichkeit nicht verbauen.

Zweitens spielt Scholz gemeinsam mit seinem französischen Gegenüber Emanuel Macron auf Zeit, was den EU-Beitritt der Ukraine anbelangt.

Seine Worte diesmal: „Die Ukraine ist Teil der europäischen Familie.“ Das ist ein schönes Bild, das jedoch keinerlei Konsequenzen hat. Im Gegenteil: Der Kanzler untermauert die gemeinsame europäische Haltung, dass es eine Abkürzung auf dem Weg in die EU nicht geben werde. Auch das ist ein Kompromisssignal an Putin: Wie lange auch immer dessen Regierungszeit noch dauert – der EU-Beitrittsprozess der Ukraine wird länger dauern und Putin damit nicht in die Quere kommen.

Drittens: Scholz hat den geplanten Nato-Beitritt von Schweden und Finnland begrüßt.

Das eigentliche Thema, das seit Monaten auf dem Tisch der Nato in Brüssel schmort, ist aber der Beitritt der Ukraine zum westlichen Militärbündnis. Er ist ganz offenbar utopischer denn je, Scholz hat einen solchen Beitritt nicht einmal erwähnt und damit ebenfalls ein Signal der Gesprächsbereitschaft nach Moskau gesandt.

Falls Putin, der nach eigener Auskunft gern mal deutsches Fernsehen schaut, so tickt: Er könnte mit dem gut leben, was er da heute im Bundestag gesehen hat: Es ist ein verkapptes Friedensangebot an ihn.

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