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Gesellschaft & Kultur > Ist Olaf Scholz womöglich ein linker Wolf im bürgerlichen Schafspelz?

Ist die Ampel für die FDP richtig?

Während die meisten politischen Beobachter Jamaika mit CDU/FDP und Grünen unter Armin Laschet schon abgeschrieben haben, stellt sich die Frage, ob Christian Lindner die FDP wirklich in die Ampelkoalition unter Olaf Scholz führen will. Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Ist Olaf Scholz womöglich ein linker Wolf im bürgerlichen Schafspelz? Von Ralf-Dieter Brunowsky.

Logo der FDP, Quelle: Shutterstock
Logo der FDP, Quelle: Shutterstock

Ein Politiker kann sich ja zugegebener Maßen ändern – Konrad Adenauers Satz „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ ist legendär. „Wer ist Olaf Scholz“, fragt der aktuelle SPIEGEL und die Autoren wundern sich, wie wenig bisher über den SPD-Politiker bekannt ist. in seinen Jahren als Juso war Scholz ein Linker innerhalb der Jungsozialisten, „viel linker geht es nicht“, analysiert das Magazin. Zitat: „Als Kritiker des staatsmonopolistischen Kapitalismus wirbt er für die ‚Überwindung der kapitalistischen Ökonomie‘, kritisiert die ‚aggressiv imperialistische NATO‘ und beschimpft die Bundesrepublik als ‚europäische Hochburg des Großkapitals‘.

Im Wahlkampf war Scholz erfolgreich, weil alle diejenigen, die Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken den Vorzug bei der Entscheidung für den SPD-Vorsitz gegeben hatten, sich verdächtig still verhielten. Das Gespenst rot-rot-grün sollte vermieden werden, doch schloss Scholz es nie aus. Doch das schlechte Ergebnis der Partei „Die Linke“ macht diese Koalition nicht möglich.

Die SPD erschien nach Monaten eines aussichtslosen Tiefs bei den Umfragen als geschlossene Partei und profitierte von den vielen Fehlern Laschets. Dümpelte sie vor einem halben Jahr bei den Umfragen um die 15 Prozent, liegt sie heute bei 28 Prozent, während die CDU immer mehr in eine Zerreißprobe gerät.

Während nun alle Welt eine Ampelkoalition erwartet, stellt sich die Frage, ob die Inhalte der FDP wirklich mit denen der SPD und der Grünen zusammenpassen. Auf Landesebene mag das gut gelingen, wie Volker Wissing in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren bewiesen hat. Auf Bundesebene aber werden die politischen Richtungsfragen sehr viel grundsätzlicher. Christian Lindner hat die Einhaltung der Schuldenbremse als rote Linie markiert. Grüne und SPD wollen aber einen riesigen neuen Schuldenberg auftürmen, den sie im Zweifel in Schattenhaushalten für die geplanten Klima-Investitionen verstecken wollen. Kann Lindner diesen Kompromiss zulassen? Hinzu kommt die Frage von Steuererhöhungen, die die FDP zu verhindern versprochen hat.

Doch es geht bei dieser Richtungsentscheidung um viel mehr. Die Schlüsselfrage lautet: Was wollen wir in Zukunft für eine Gesellschaft? Die Lage ist nicht nur in Sachen Klima dramatisch. Die demografische Entwicklung ist mindestens genauso erschreckend. Wie lässt sich auf Dauer die schon jetzt mit über 100 Milliarden Steuergeldern bezuschusste Rente garantieren? Noch mehr Staat als unter Angela Merkel? Noch mehr Industriepolitik? Noch mehr Subventionen? Allein die künftig auszuzahlenden Beamtenpensionen des Bundes belaufen sich auf über 800 Milliarden Euro (Barwert). Wie soll der Staat auf Dauer alle Sozialleistungen finanzieren? Wie sollen die Menschen die gestiegenen Energiekosten bei gleichzeitig steigenden Mieten schultern? Was wird die nächste Bundesregierung tun, wenn die Inflationsrate weiter steigt und die EZB die Zinsen anhebt? Das sind alles Fragen, die mit mehr oder weniger Staat beantwortet werden können. Wenn die Lösung von SPD und Grünen darin besteht, die Leistungsträger vom Facharbeiter bis zum Handwerksmeister und Arzt immer stärker zur Kasse zu bitten, dann gute Nacht Deutschland.

Das Erfolgsmodell Deutschland beruht auf drei Säulen: Einer starken, exportorientierten Industrie, einem innovativen, Arbeitsplätze schaffenden Mittelstand, und einer seit vielen Jahren funktionierenden Tarifpartnerschaft. Mit der Energiewende wird unsere Industrie einer extremen Belastung ausgesetzt, und man kann nur hoffen, dass sie diese nie dagewesene Herausforderung meistert. Die Autoindustrie, die Perle unserer Industrie, wird allergrößte Schwierigkeiten haben, die Verbrenner-Modelle durch Elektroautos zu ersetzen, trotz umfangreicher Subventionen. Die innovative Kraft des durch Corona gebeutelten Mittelstands wird schon jetzt durch soviel Bürokratie belastet, dass höhere Steuern fatale Folgen hätten: Weniger Gründungen, Abwanderung ins Ausland, weniger Arbeitsplätze. Mit dem Mindestlohn schließlich wird die Axt an die Tarifpartnerschaft gesetzt. Wenn die von der SPD versprochenen 12 Euro Mindestlohn richtig sind, warum haben die Tarifpartner sie bislang nicht vereinbart?

Die Erfahrung zeigt: Je mehr der Staat in das Marktgeschehen eingreift, desto ineffizienter werden die Ergebnisse sein. Nur Wachstum bringt Arbeitsplätze und Steuereinnahmen und ermöglicht letztlich die Finanzierung von Sozialleistungen. Wachstum bedeutet nicht immer mehr zu konsumieren. Die Digitalisierung kann ebenso Wachstum generieren. Wachstum bedeutet auch, Löhne und Einkommen zu erhöhen. Das funktioniert eben am besten im Wettbewerb eines freien Marktes.

Der freie Markt hat seine Auswüchse, keine Frage. Er muss immer wieder gebändigt werden. Demokratien haben die Fähigkeit dazu. Aber man darf ihn nicht strangulieren und durch den Staat ersetzen. Wenn der Kritiker des „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ Olaf Scholz das im Sinn hat, sollte sich die FDP dieser Ampelkoalition verweigern.

Quelle: Ralf-Dieter Brunowsky

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