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Gesellschaft & Kultur > Interview mit Matthias Hach

„Pauschal und willkürlich Gebühren erhöhen, ist keine Lösung“

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Matthias Hach, Marketing- und Vertriebsvorstand der comdirect bank AG, über digitale Herausforderungen und warum sowohl FinTechs als auch die großen Internetkonzerne nicht als Konkurrenten gesehen werden sollten.

The European: Herr Hach, das Umfeld für Banken ist herausfordernd, wie noch nie. Wir haben anhaltend geringes Zinsniveau. Der Wettbewerb, auch durch branchenfremde Akteure, wie FinTechs und GAFAs, nimmt zu. Wird es zu einer Konsolidierung der Banken-landschaft Deutschlands kommen?

Matthias Hach: Ja, tatsächlich ist es so, dass die Bankenlandschaft, natürlich verbunden mit den Niedrigzinsen und steigender Regulatorik, die auch Kosten nach sich zieht, für alle sehr herausfordernd ist. Für viele Institute kommen nun noch Kreditausfallrisiken durch die Coronakrise hinzu. Jede Bank muss für sich einen Weg finden, damit umzugehen. Ich glaube, alleine Kosten sparen oder Gebühren erheben reicht nicht. Banken müssen sich Gedanken machen, wie sie in dem neuen Umfeld mit den genannten Wettbewerbern umgehen und wie sie es schaffen, ertragssteigernde Maßnahmen für sich abzubilden.

The European: Können Gebühren die Lösung sein?

Eigentlich nein. Gebühren können sicher kurzfristig eine Lösung sein. Sie können auch dabei helfen, spezielle Angebote oder Dienstleistungen zu bepreisen. Bei einer Direktbank wie comdirect können das beispielsweise Services sein, die der Kunde selbstständig auf der Website durchführen könnte, dafür aber unseren Kundenservice in Anspruch nimmt. Pauschal und willkürlich Gebühren zu erhöhen, stößt auf wenig Verständnis beim Kunden. Man sollte viel mehr darüber nachdenken, Dienstleistungen zu kreieren, die der Kunde auch bezahlen möchte, weil sie für ihn praktisch sind und einen Mehrwert bringen.

The European: Mit was könnten Banken punkten?

Auf jeden Fall mit Digitalisierung. Wir sehen das bei comdirect an der Entwicklung in den letzten vier, fünf Jahren. Wir haben die comdirect App lanciert, mit Sprach- und Chatüberweisung. Heute erfolgt jede vierte Transaktion unserer Kunden mobil. Wir waren beim Deutschlandstart von Apple Pay und Google Pay dabei. Kunden wollen verstärkt mobil bezahlen, die Coronakrise hat das noch einmal beflügelt. Wir haben Voice Banking über Sprachassistenten und kürzlich den digitalen Versicherungsmanager in den Markt gebracht. Dienstleistungen und Services, die vielleicht nicht ganz banknah sind, aber wo wir als smarter Finanzbegleiter unserer Kunden agieren und natürlich auch zusätzliche Erträge generieren können.

The European: Wie generieren Sie bei der Comdirect Innovation?

An ganz vielen Stellen. Natürlich intern. Wir haben eigene Innovationslabs sowie Innovations- und Bootcamps, die wir intern veranstalten.  Über die comdirect Start-up Garage kooperieren wir mit Externen. Und auch über unsere Collabothons, das sind branchenübergreifende Hackathons, und unsere Finanzbarcamps bekommen wir frische Impulse von außen. Ideen kommen bei uns von überall her, sei es  von Mitarbeitern, Kunden oder Start-ups.

The European: Haben Sie keine Angst davor Kunden zu verlieren, wenn Sie mit GAFAs  arbeiten?

Nein, tatsächlich nicht. Diese Frage wurde uns schon häufiger gestellt, weil wir einer der ersten sind und waren, die mit GAFAs zusammenarbeiteten. Wir sind jetzt seit drei Jahren mit GAFAs, im Speziellen mit Amazon, Google und Apple, unterwegs und unter dem Strich kann man sagen, dass die Produkte von den Kunden angenommen werden, sei es Voice Banking oder Mobiles Bezahlen. Kunden kommen zu uns, weil wir diese Produkte und Services anbieten. Das sorgt tatsächlich auch für Neukundenzuwachs.

The European: Wird 2020 ein schwieriges Jahr für die Bankenbranche?

Nicht schwieriger als 2018 oder 2019. Ich glaube aber genauso herausfordernd, weil wir alle das Tempo der Digitalisierung spüren, nicht zuletzt auch durch die Coronakrise, die das Kundenbedürfnis nochmal verändert hat. Auch Kunden, die vorher eher analog Bankgeschäfte erledigt haben, erwarten nun digitale Services. Hier müssen viele Institute nachbessern, insbesondere, wenn diese Services intuitiv bedienbar sein sollen, wie es Kunden aus anderen Bereichen gewohnt sind. Wir Banken müssen uns anders aufstellen, um dem Wettbewerb mit FinTechs, GAFAs und Vergleichs-Portalen gerecht zu werden.

Die Fragen stellte: Stefan Groß

 

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