Die Grünen fordern eine antirassistische Politik, die Folgen hat
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Der Kabinettsausschuss der Bundesregierung am 25.11.2020 hat wieder nur Einzelmaßnahmen gegen Rassismus vorgelegt. Wir Grünen im Bundestag fordern ein Gesamtkonzept für eine wirkliche antirassistische Politik und strukturelle Veränderungen. Wir dokumentieren hier das Dokument der Grünen gegen den Rassismus.

- "Den von der Bundesregierung vorgelegten Maßnahmen gegen Rassismus fehlt es an einer Vision, strukturellen Reformen und gesetzlichen Änderungen.
- Einzelmaßnahmen reichen nicht aus. Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Wir stellen in unserem Antrag für ein Maßnahmenpaket vor, wie wir eine umfassende antirassistische Politik umsetzen wollen.
- Wir fordern eine echte Reform des Antidiskriminierungsgesetzes, ein Demokratiefördergesetz, ein kommunales Wahlrecht für Ausländer*innen und ein Teilhabegesetz, das allen Menschen echte Partizipation und Repräsentation ermöglicht.
Nach dem Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020 richtete die Bundesregierung auf Drängen der Zivilgesellschaft einen Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ein. Die nun vom Ausschuss vorgestellten Ergebnisse legen den Schwerpunkt auf Einzelprojektförderung und Kampagnen, nicht aber auf dringend benötigte Gesetze, strukturelle Reformen und einen langfristigen Paradigmenwechsel.
Antirassistische Arbeit lebt vom Dialog
Menschen mit Rassismus Erfahrung saßen im Kabinettsausschuss nicht mit am Tisch. Einige wenige wurden nur punktuell angehört. Um eine wirkliche Rassismus kritische Gesellschaft zu schaffen, braucht es einen lebendigen Dialog und Austausch.
Wir wollen genau zuhören, was es für eine wirkungsvolle antirassistische Politik braucht. Deshalb haben wir uns seit August 2020 in unserer digitalen Reihe „Ein Wir für alle – gemeinsam Rassismus überwinden“ mit der Zivilgesellschaft und einer breiten Öffentlichkeit ausgetauscht. Die Ergebnisse aus diesem intensiven Austausch sind in unseren Antrag gegen Rassismus eingeflossen.
Teilhabegesetz: Für echte Teilhabe und Partizipation
Der Bundesregierung fehlt ein klares Bekenntnis zu Deutschland als Rassismus kritischer Einwanderungsgesellschaft. Statt nur netter Worte wollen wir eine liberale Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und das kommunale Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer einführen. Wir fordern ein Teilhabegesetz, das allen Menschen echte Partizipation und Repräsentation ermöglicht.
Die Rassismus kritische Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft muss schon jetzt zur Chef*innensache werden. Dabei gilt es keine Zeit zu verlieren. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, nicht erst 2022, sondern schon jetzt das Amt eine/r Antirassismusbeauftragte/n mit eigenen Haushaltstitel im Bundeskanzleramt zu schaffen.
Antirassismus wird nur Erfolg haben, wenn die Perspektive und Expertise von Menschen mit Rassismus Erfahrungen gehört und einbezogen wird. Daher braucht es eine dauerhafte und institutionalisierte Einbeziehung von Menschen mit Rassismus Erfahrung und/oder Einwanderungsgeschichte in einem „Partizipationsrat“ als unabhängigem Gremium ähnlich dem Deutschen Ethikrat.
Neue Gesetze: Statt vager Ankündigungen
Die dringend notwendige Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geht die Bundesregierung noch immer nicht an. Wir brauchen ein AGG, das einen echten Rechtsschutz gewährleistet, und eine finanzielle und personelle Stärkung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Auch dazu haben wir einen Antrag vorgelegt.
Das Gemeinnützigkeitsrecht muss dringend reformiert werden. Dazu muss die das bürgerschaftliche Engagement gegen Rassismus, für Grund- und Menschenrechte und unsere Demokratie als förderfähiger Zweck in § 52 der Abgabenordnung einfügt werden. Auch die Ankündigungen der Bundesregierung im Bereich Demokratieförderung bleiben weiter vage. Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rassismus muss endlich durch ein Demokratiefördergesetz rechtlich und finanziell abgesichert werden. Die Projektförderung auf Zeit muss ein Ende haben.
Zusätzlich zur Ersetzung des Begriffs „Rasse“ im Grundgesetz, wollen wir mit unserem Gesetzentwurf eine ausdrückliche Pflicht des Staates ergänzen, Schutz gegen jedwede gruppenbezogene Verletzung der gleichen Würde aller Menschen zu gewährleisten. Das ergänzt unsere Forderung, auch Diskriminierung wegen der sexuellen Identität ausdrücklich im Grundgesetz zu verbieten.
Eigene Geschichte und Strukturen hinterfragen
Die kritische Aufarbeitung der Vergangenheit muss auch immer Teil unserer Gegenwart sein. Die koloniale Vergangenheit Deutschlands will die Bundesregierung nur in Kultur- und Bildungspolitik aufarbeiten. Das reicht uns nicht. Für deutsche Kolonialverbrechen muss Verantwortung übernommen werden."
Quelle: Bündnis 90 / Die Grünen im Bundestag