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Gesellschaft & Kultur > Greenwashing der Deutschen Bank

Waschsalon Deutsche Bank: Wie Manager in die Greenwashingfalle tappen

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Ein Top-Manager der Deutschen Bank muss seinen Hut nehmen, weil er möglicherweise Produkte als nachhaltig ausgab, die es nicht sind, und Anleger so hinters Licht geführt hat. Das Problem dahinter: Die Kriterien für Nachhaltigkeit sind biegsam wie ein Schilfrohr. Jeder macht sich seinen eigenen Reim darauf.

Brands: the logo of the German bank "Deutsche Bank", Berlin, Shutterstock
Brands: the logo of the German bank "Deutsche Bank", Berlin, Shutterstock

In Deutschland gibt es eine neue Form von Kriminalfällen. Das Delikt heißt „Greenwashing“ und beschreibt, dass zum Beispiel Geldanlagen scheinbar nachhaltig konstruiert, in Wirklichkeit aber schlicht auf Rendite getrimmt sind. Der spektakulärste Kriminalfall dieser Art ist jetzt ins Rollen gekommen. Bei der Deutschen-Bank-Fondstochter DWS ist der Staatsanwalt aufgetaucht. Es gab eine Razzia in den Frankfurter Büros und noch in der gleichen Nacht musste DWS-Chef Asoka Wöhrmann bekanntgeben, dass er in der nächsten Woche seinen Hut nehmen wird. Der konkrete Vorwurf: In Fondsprospekten habe die DWS ihre Geldanalagestrategie grüner beschrieben, als sie es in Wahrheit ist. So etwas nennt sich dann Kapitalanlagebetrug – und ist alles andere als ein Kavaliersdelikt, sondern eben eine Tat, die eine Gefängnisstrafe zur Folge haben kann.

Der Deutsche-Bank-Fall spielte sich so ab: Vor zwei Jahren hatte die DWS Desiree Fixler als Nachhaltigkeitschefin eingestellt. In der Bank ahnte niemand, dass sich die Absolventin der renommierten London Scool of Economics und ehemalige Managerin beim Deutsche Bank-Konkurrenten JP Morgan zu einer Art Greta Thunberg der Finanzwelt entwickeln würde. Ihre Aufgabe war es: Eindeutige Kriterien für nachhaltige Produkte festzulegen, in die die DWS-Kunden guten Gewissens investieren können. Nach einer Vorstandspräsentation und insgesamt elf Monaten bei der DWS war Fixler ihren Job jedoch wieder los.

Greta der Finanzwelt

Was war passiert? Nach eigener Auskunft hatte sie in ihrer Präsentation dargestellt, wo es überall bei der DWS beim nachhaltigen Investieren hapert. Der Deutsche -Bank-Tochter fehle es an „klarer Ambition“, vermisst werden „Regelwerke“, der Nachhaltigkeits-Ansatz sei je nach Produkt und Region „fragmentiert“. Als Fixler damit nicht durchdrang, sondern sich ohne Job ziemlich schnell auf der Straße wiederfand, hing sie die Sache an die große Glocke. Die US-Börsenaufsicht schaltete sich ein, die deutschen Aufsichtsbehörden wurden aufmerksam und der Kurs der DWS-Aktie rauschte vorübergehend nach unten.

Die DWS machte das, was in solchen Fällen Konzerne immer machen: Sie beauftragen Kanzleien, die Sache „unabhängig“ zu untersuchen. Das Ergebnis lautet dann oft so, wie auch in diesem Fall: Keine der Anschuldigungen habe Substanz. „Ich weise alle diese Vorwürfe und Unterstellungen ausdrücklich zurück“, sagte Wöhrmann damals. Und: „Ich lasse mich nicht einschüchtern und von meiner Arbeit abhalten." Das sahen andere offenbar anders. Zum Beispiel der Staatsanwalt, der mit einem begründeten Anfangsverdacht jetzt 50 Einsatzkräfte von Staatsanwaltschaft, Finanzaufsicht Bafin und Bundeskriminalamt zusammentrommelte und zur Razzia blies. Wöhrmann klingt seither so: „Die Anschuldigungen, die in den letzten Monaten gegen die DWS und mich erhoben wurden, auch persönliche Angriffe und Drohungen, wie unbegründet oder unhaltbar sie auch sein mögen, haben Spuren hinterlassen. Sie waren sowohl für die Firma als auch für mich und vor allem meine Angehörigen eine Belastung“, berichtet er in einer Email an die Mitarbeiter. „Schweren Herzens“, so schreibt er an sein Team, habe er sich „mit der Firma darauf geeinigt, als CEO zurückzutreten“.  Wöhrmanns Erbe soll Stefan Hoops antreten, der im Konzern bislang an der Spitze der Unternehmensbank stand.

Neuer Mann, altes Problem

Auch der Neue wird jedoch auf ein altes Problem stoßen, an dem sein Vorgänger letztlich gescheitert ist. Denn die Annahme, dass es eindeutige Vorgaben dafür gibt, was in einen nachhaltigen Fonds gehört und was nicht, trifft nicht zu. „Ein Fonds ist kein Fruchtsaft, wo auf der Flasche bis aufs letzte Milligramm steht, was drin ist“, sagt der Manager eines großen Fondshauses. Denn bei nachhaltiger Geldanlage gibt es viel Spielraum. Es muss eben ESG-konform sein. Aber was das ist?

ESG steht für Environmental Social Governance, zu deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Dies sind die drei Messpunkte, an denen sich Investitionen ausrichten sollen. Ursprünglich war es eine Selbstverpflichtung, inzwischen hat die EU mit ihrer Taxonomie dafür gesorgt, dass Investitionen, die nicht diese drei Werte in die richtige Richtung unterstützen, als dreckig gelten. Unternehmen, die sich nicht daranhalten, kommen schwerer an Geld. Rüstungsfirmen zum Beispiel klagten öffentlich darüber, unter dem ESG-Regime immer schwieriger an Kredite zu kommen. Allerdings sind die Kriterien nicht glasklar und einheitlich. Banken in Deutschland arbeiten derzeit an Kriterien-Katalogen, was bei ihnen als ESG konform gilt und was nicht. Nachhaltige Aktienindizes werden ständig umsortiert - jüngst flog etwa Tesla aus einem solchen Index heraus. Die Fondsgesellschaft der schwedischen Bank SEB hat vor Kurzem Rüstungsaktien in Fonds zugelassen, die solche Investments zuvor eigentlich ausgeschlossen hatten. Auch die Politik legt sich nicht fest. Bei der Einstufung von Waffen oder etwa Fracking-Gas ist sie neuerdings flexibel.

Rendite und Nachhaltigkeit

Anleger sehen das Ganze nüchterner. Nur für zehn Prozent der Deutschen ist Nachhaltigkeit bereits ein entscheidendes Kriterium bei der Geldanlage, ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Fondhauses der Volksbanken Union Investment. Im Gegenteil: Der Wunsch nach Rendite und Sicherheit dominiere. Strenge ESG-Regelauslegungen führen deswegen dazu, dass sich Anleger eher abwenden, was am Ende keinem hilft. Auf der anderen Seite steht eine sensibilisierte Öffentlichkeit, die Finanzmärkte mit Skepsis beobachtet und keine Ausnahmen zulassen will. So erklärt etwas Magdalena Senn vom Berliner Thinktank Bürgerbewegung Finanzwende mit Blick auf die Deutsche Bank: „Die Durchsuchung und der Rücktritt werden Signalwirkung für andere Vermögensverwalter entfalten. Anbieter von als nachhaltig beworbenen Finanzprodukten werden nun genau prüfen, ob ihre eigenen Anlagekriterien halten, was sie versprechen.“

Die Fondmanager jonglieren also im Spannungsfeld zwischen Rendite-Erwartung und Nachhaltigkeits-Anspruch. Sie können dabei Spielräume nutzen, die ihnen uneindeutige Vorgaben überlassen. Aber sie müssen aufpassen: Wenn sie die Rendite nur mit Nachhaltigkeit ummanteln, landen sie in der Falle. In einem Kriminalfall sind sie dann schnell die Täter. Oliver Stock

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