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Gesellschaft & Kultur > Die COVID-19-Todesfallzahlen in Deutschland steigen weiter

Es drohen über 46.000 weitere COVID-19-Tote bis Ende März

Die COVID-19-Todesfallzahlen in Deutschland steigen weiter. Gestern wurde dem RKI mit 598 ein neuer Rekordwert gemeldet. In den letzten sieben Tagen waren es knapp 3.000 registrierte COVID-19-Tote. Damit geht nun fast jeder sechste Todesfall in Deutschland (über 16 Prozent) auf eine SARS-CoV-2-Infektion zurück. Was bedeutet das, sollten die täglichen Todesfallzahlen zwar nicht weiter steigen, aber auch nicht merklich fallen? Von Jürgen Fritz.

Coronavirus Opfer, Shutterstock
Coronavirus Opfer, Shutterstock

Sollte die täglichen Todesfälle nicht fallen, sondern konstant bleiben, drohen uns bis Ende März über 46.000 weitere Todesfälle

Über 2.930 Menschen starben laut RKI in Deutschland den letzten 7 Tagen nicht „mit“, sondern an COVID-19; 419 pro Tag im Wochen-Schnitt.

Laut Worldometer sogar 424 pro Tag im Schnitt (ca. 2.970 im Wochenschnitt). Tendenz steigend. Rechnet man die Todesfalldunkelziffer mit, dann wahrscheinlich sogar etwas mehr.

Ginge es „nur“ auf diesem Niveau so weiter, ohne dass die Todesfallzahlen weiter ansteigen, könnte also der steile Aufwärtstrend zwar gebrochen werden und es würde sich ein Plateau bilden, die Zahlen gingen also nicht weiter hoch, aber auch nicht runter, kämen bis Ende März zu den jetzigen ca. 21.000 COVID-19-Toten in Deutschland über 46.000 weitere dazu.

Gerechnet nicht mit dem gestrigen Spitzenwert von 598 Todesfällen an einem Tag, auch nicht mit dem Worldometer-Wochen-Durchschnittswert von 424, sondern mit dem niedrigeren Wochen-Mittel-Wert des RKI von 419 Tote pro Tag. (419 Tote/Tag x 111 Tage = 46.509 Tote).

Zu den bisherigen ca. 21.000 COVID-19-Toten kämen also nochmals ca. 46.500 oben drauf, so dass die Gesamtzahl bis zum 31. März auf ca. 67.500 steigen würde. Sollte die Kurve weiter steigen, mithin jede Woche immer noch mehr neue Todesfälle dazu kommen als in der Woche zuvor, dann wären die Todesfallzahlen selbstverständlich in einer völlig anderen Dimension.

Die Zahl der COVID-19-Erkrankten, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, steigt erstmals auf über 4.400

Dieser drastische Anstieg der Infektionen und schweren Erkrankungen führt mit entsprechender Verzögerung bei einem Teil zu sehr schweren Verläufen und zu Todesfällen. Dabei gilt: Je mehr Menschen sich anstecken, desto mehr schwere Verläufe und Todesfälle, wobei das Risiko eines sehr schweren Verlaufs und das Todesfallrisiko bei älteren Menschen, insbesondere über 60, ganz besonders über 70, noch mehr bei Über-80-Jährigen, sehr viel höher ist als bei Jüngeren, insbesondere Unter-40-Jährigen.

Über 20 Prozent der Infizierten merken gar nichts, stecken aber andere an. 55 bis 85 Prozent der Infizierten erkranken an COVID-19 (Manifestationsindex). Ca. 11 Prozent der in Deutschland übermittelten Fälle müssen laut RKI hospitalisiert werden. Ein Teil von diesen (ca. 14 Prozent) muss intensivmedizinisch behandelt werden.

Die Zahl derer, die im Moment mit COVID-19 auf Intensivstationen liegen, ist laut dem DIVI-Intensivregister in den letzten Wochen und Monaten ebenfalls drastisch angestiegen auf jetzt 4.432 zum Stand heute, 11.12.2020. Zugleich sieht man hier, wie im Gegenzug die Zahl der freien Kapazitäten bundesweit immer weiter zurückgeht.

„Worauf warten wir noch?“ – Intensivmediziner fordern sofortigen Lockdown in allen Bundesländern

Auf der Internetseite der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Nofallmedizin ist zu lesen:

»Die deutschen Intensivmediziner appellieren an die Politik, unverzüglich zu handeln! Jeder weitere Tag ohne durchgreifende und nachhaltige Lockdown-Maßnahmen koste Menschenleben, sagt der Präsident der DIVI, Prof. Uwe Janssens im Namen des gesamten Präsidiums.

Und weiter heißt es dort:

»30.000 Neuinfektionen am Tag. Fast 600 Corona-Tote täglich. Dazu das Wissen, dass selbst ein sofortiger Lockdown die Zahlen erst in zwei bis drei Wochen deutlich sinken lasse – „Ein Zögern und Warten auf Weihnachten ist schier unverantwortlich“, so Janssens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler.

„Worauf warten wir noch?“, fragt Janssens deshalb. „Weitere 14 Tage nach dem Motto ‚Augen zu und durch!‘ erscheinen angesichts der heutigen Zahlen nicht mehr nachvollziehbar.“ Er rechnet vor: „Wenn wir die kommenden zwei Wochen jeden Tag im Schnitt 30.000 Neuinfektionen haben, verzeichnen wir an Weihnachten etwa 420.000 Corona-Infizierte. Die sich daraus ableitenden Zahlen an Krankenhauspatienten und schwerst erkrankten Patienten, die eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, wird dann nicht mehr adäquat zu behandeln sein.“«

Man bereite sich bereits auf Priorisierungs-Situationen vor, so die deutschen Intensiv- und Notfallmediziner.

Uniklinik Dresden: Kein einziger Intensivpatient, der ins Berufsleben zurückkehrte

Das Ganze ist aber noch dramatischer, als es die Todesfallzahlen und die Belegung der Intensivbetten ausdrücken können. Denn es kommt erschwerend noch ein weiterer Faktor hinzu. Prof. Dr. Peter Spieth, der Leiter der Intensivstation Universitätsklinikum Dresden, schildert das Problem sehr eindrücklich:

„Wir haben heute auf den Intensivstationen Patienten mit einem Schweregrad, wie wir ihn noch nie in der deutschen Intensivmedizin gesehen haben. Das ist neu. Wir haben keinen einzigen intensivmedizinischen Patienten aus der ersten Welle im arbeitsfähigen Alter, der wieder ins Berufsleben gestartet ist. Sie sind dem Tod von der Schippe gesprungen, ja. Aber sie sind nicht geheilt.“ 

Quelle: Jürgen Fritz

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