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Gesellschaft & Kultur > Der lange Abstieg der AfD

AfD fällt wieder unter 10 Prozent

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Vor knapp 22 Monaten stand die AfD im Wahl-O-Matrix-Mittelwert aller Institute bundesweit bei über 17 Prozent. Mitte Februar 2020 waren es immerhin noch um die 14 Prozent. Doch schon vor Ausbruch der Coronakrise ging es weiter bergab, mit dem Einsetzen dieser allerdings beschleunigt. Hinzu kamen die innerparteilichen Querelen zwischen den sogenannten Flügelianern um Höcke und Kalbitz sowie der Meuthen-Fraktion, so dass die AfD erstmals seit Jahren unter 10 Prozent fiel. Zwar konnte sie sich seit Anfang Juni leicht erholen, stieg auf ca. 10,4 Prozent, doch jetzt fällt sie erneut in den einstelligen Bereich. Die SPD schafft es dagegen, wieder leicht über 15 Prozent zu klettern.

Nur für redaktionelle Verwendung, picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Nur für redaktionelle Verwendung, picture alliance/dpa | Christoph Soeder

So würden die Deutschen derzeit wählen

Betrachten wir zunächst, wie die Bundesbürger im Falle von Bundestagswahlen im Moment votieren würden. Angegeben ist für jede Partei der Wahl-O-Matrix-Mittelwert aller Institute,  die – bezogen auf den mittleren Tag der Befragung – in den letzten drei Wochen repräsentative Erhebungen durchführten. Dies waren insgesamt fünf. Aufgeführt ist für jede Partei der niedrigste und der höchste Wert dieser fünf einbezogenen Institute sowie fettgedruckt das arithmetische Wahl-O-Matrix-Mittel aller fünf Werte:

  1. CDU/CSU: 36,5 – 39 % ==> 37,7 %
  2. GRÜNE: 16 – 20 % ==> 18,2 %
  3. SPD: 14 – 16 % ==> 15,4 %
  4. AfD: 9 – 10 % ==> 9,6 %
  5. LINKE: 7 – 8 % ==> 7,5 %
  6. FDP: 5 – 7,5 % ==> 5,9 %
  7. Sonstige: 5 – 7 % ==> 5,7 %

2020-07-21

© JFB

Die Erhebungen dieser Institute wurden ausgewertet

Die fünf Institute, die (bezogen auf den mittleren Tag der Befragung) in den letzten 20 Tagen Erhebungen durchführten, welche ausgewertet wurden, waren:

  • Infratest dimap, mittlerer Tag der Befragung: 30.06.2020, telefonische Befragung von 1.503 zufällig ausgewählten Personen
  • Forschungsgruppe Wahlen, mittlerer Tag der Befragung: 08.07.2020, telefonische Befragung von 1.226 zufällig ausgewählten Personen
  • Kantar, mittlerer Tag der Befragung: 12.07.2020, telefonische Befragung von 1.449 zufällig ausgewählten Personen
  • Forsa, mittlerer Tag der Befragung: 14./15.07.2020, telefonische Befragung von 2.501 zufällig ausgewählten Personen
  • INSA, mittlerer Tag der Befragung: 18/19.07.2020, internetbasierte Befragung von 2.049 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools

Wahl-O-Matrix, Deutschlands führendes Meta-Analyse-Tool (von JFB gegründet), hat damit eine Datenbasis von insgesamt 8.728 Befragten.

AfD und Linkspartei sind im Westen sehr viel schwächer als im Osten

Dabei gibt es auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung teilweise sehr deutliche Unterschiede im Wahlverhalten zwischen Ost und West, wie Forsa im Auftrag von RTL/ntv ermittelte:

Gesamtdeutschland ==> West – Ost

  1. CDU/CSU: 38 % ==> 39 % – 33 %
  2. GRÜNE: 18 % ==> 20 % – 9 %
  3. SPD: 14 % ==> 14 % – 13 %
  4. AfD: 9 % ==> 7 % – 19 %
  5. LINKE: 8 % ==> 6 % – 16 %
  6. FDP: 6 % ==> 7 % – 4 %
  7. Sonstige: 7 % ==> 7 % – 6 %

Wir sehen hier, dass die Union im Westen deutlich besser ankommt als im Osten (6 Punkte Differenz). Bei den Grünen ist der Unterschied gewaltig, diese erzielen im Westen anteilsmäßig mehr also doppelt so viele Stimmen wie im Osten. Bei der SPD ist dagegen kaum ein Unterschied zu erkennen. Die AfD und die Linkspartei leben dagegen vor allem von ihrer Stärke im Osten, wo sie anteilsmäßig fast dreimal so viele Stimmen holen wie im Westen, während die FDP sich im Osten wiederum sehr schwer tut und im Westen anteilsmäßig fast doppelt so viele Stimmen erhält.

Zu beachten ist dabei, dass ca. 85 Prozent der Bevölkerung in den alten Bundesländern im Westen, inklusive Berlin leben und nur ca. 15 Prozent in den fünf neuen Bundesländern im Osten. Auf einen Wähler im Osten kommen also fast sechs Wähler im Westen.

Vier-Jahres-Entwicklung

Im Vier-Jahres-Chart von Dawum sieht das dann wie folgt aus:

2020-07-21

Man sieht, CDU/CSU bewegen sich weiter auf sehr hohem Niveau, fast dem höchsten der letzten vier Jahre, zwischen 37 und 39 Prozent. Die Grünen konnten ihren Höhenflug von über 25 Prozent nicht lange halten, fielen dann sogar wieder unter 20 und pendeln in den letzten Wochen bei ca. 16 bis 18,5 Prozent. Für die SPD ging es nach dem anfänglichen Schulz-Hype von 32 Prozent immer weiter steil nach unten. Die letzten Wochen und Monate pendelt sie um die 15 Prozent.

Die AfD, die ihren Höhepunkt Ende September 2018 hatte, als sie über 17 Prozent stand, fällt nun erneut unter 10 Prozent. Sollte sich die Partei nun spalten, bestünde die Gefahr, dass mindestens einer der beiden Teile, wenn nicht sogar beide an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern würden. Die wenigsten Schwankungen sehen wir seit Jahren bei der Linkspartei, die nie deutlich über 10 Prozent steigen kann, aber auch nie unter 7,5 fällt, während es für die FDP die letzten Jahre deutlich nach unten ging von ca. 11 auf knapp über 5 Prozent. Da scheint sie sich aber gefangen zu haben und steigt nun zumindest wieder auf fast 6 Prozent.

Tausende AfD-Mitglieder traten in den letzten Monaten aus der Partei aus

Und noch etwas fällt auf bei der AfD: In den letzten Monaten haben, laut der WELT, Tausende Mitglieder die AfD verlassen. Zwar traten auch Tausende ein, aber doch ca. 800 weniger als ausgetreten sind. 3.086 Mitglieder sollen im ersten Halbjahr 2020 ausgetreten, 2.286 eingetreten sein. Damit schrumpfte die AfD, die 2019 schon mal über 35.000 Mitglieder hatte, zum 1. Juli 2020 auf unter 34.000 Mitglieder.

Parteisprecher Bastian Behrens sagte, dass noch fast 3.400 Interessenten in der Aufnahmewarteschleife seien. Zu Beginn der Corona-Pandemie habe es keine Aufnahmegespräche gegeben, daher gebe es Verzögerungen bei der Aufnahme neuer Mitglieder. Zugleich hätten Landesverbände ihre Listen bereinigt und Mitglieder ausgeschlossen, die keine Beiträge gezahlt hätten. Bei den Neueintritten stellt sich aber die Frage, was für Leute das sind. Einige Funktionäre in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sind sich nicht sicher, ob das die Klientel ist, die sie selbst gerne in der Partei sehen möchten.

Insgesamt scheint der Unmut innerhalb der AfD immer mehr zuzunehmen. Eine Mitarbeiterin eines Bundestagsabgeordneten schimpft offen über Mitglieder, die bei einer internen Abstimmung nicht einmal in der Lage seien, den Wahlschein korrekt auszufüllen. Der Vorsitzende einer Landtagsfraktion klagt über die fortschreitende „Proletarisierung der Partei“. Ein Landesvorstandsmitglied ist schockiert über die „unterirdische Kampagne“ der Parteirechten gegen den AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen.

Neuer Abwärtstrend: Höher als 10 Prozent sieht die AfD aktuell kein einziges Institut mehr

Die innere Zerrissenheit der Partei, die immer deutlicher wird, wird auch ihrer Wähler und Anhänger nicht verborgen bleiben und könnte sie in den Zustimmungswerten sogar noch etwas weiter nach unten ziehen. In den letzten drei durchgeführten Umfragen fiel sie auf jeden Fall durch die Bank einen Punkt nach unten: bei Kantar von 11 auf 10, bei Forsa von 10 auf 9 und bei INSA, welches meist mit die höchsten AfD-Werte errechnet, ebenfalls von 11 auf 10 Prozent.

Höher als 10 Prozent sieht die AfD in aktuellen Umfragen (nicht älter als drei Wochen) derzeit kein einziges Institut mehr, Forschungsgruppe Wahlen und Forsa sehen sie sogar nur noch bei 9 Prozent.

Quelle: Jürgen Fritz

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