Corona-Fallzahlen steigen, Fallsterblichkeit unter einem Prozent
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Die Corona-Fallzahlen steigen. Während bei der ersten Corona-Welle im März die Zahl der Toten explosionsartig nach oben katapultierte, zeigt sich Ende Oktober ein anderes Bild. Selbst wenn die kritische Marke bei 16.000 neuen Covid-19-Infektionen täglich sehr hoch ist, liegt der Anteil der an einer bestätigten Corona-Infektion verstorbenen Personen niedriger als im Frühjahr. Auch die sogenannte Infektionssterblichkeit dürfte noch wesentlich geringer ausfallen.

Aus einem aktuellen Lagebericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) geht Ende Oktober hervor, dass der Anteil Verstorbener an allen laborbestätigten Sars-CoV-2-Infektionen seit der Kalenderwoche 34 (17.8. bis 23.8.) bei deutlich unter einem Prozent liegt. Im Klartext bedeutet das: Weniger als jeder Hundertste der gemeldeten mit Corona infizierten Personen ist an oder mit Beteiligung der Infektion in der Bundesrepublik gestorben. 85 Prozent der über 10.056 Corona-Toten (Stand 26. Oktober 2020) war 70 Jahre oder älter.
Hatte die Zahl der Todesfälle Anfang April 2020 mit 1600 ihren Höchststand erreicht, ist seitdem die Zahl der Todesfälle stetig gesunken. Anfang September und im Oktober stieg sie wieder leicht an und lag zuletzt bei etwa 200 Fällen binnen sieben Tagen.
Fallsterblichkeit und Infektionssterblichkeit darf man nicht miteinander verwechseln
In der ersten Welle war die Fallsterblichkeit deutlich höher. Damals hatten sich vermehrt ältere Menschen angesteckt. Heute hingegen infizieren sich eher Jüngere. Mit Blick auf den Gesamtverlauf der Pandemie in Deutschland gab das RKI die Fallsterblichkeit am 20. Oktober 2020 mit 2,6 Prozent an. Dass diese Zahl nun wesentlich höher ist als die Sterblichkeit in den vergangenen Wochen, liegt daran, dass im Frühjahr mehr Menschen an Covid-19 verstorben sind.
Doch wie berechnet sich die Sterblichkeit? In seinem Berichten gibt das RKI immer die Fallsterblichkeit an, die nicht mit der Infektionssterblichkeit verwechselt werden darf. Die Fallsterblichkeit gibt Auskunft über den Anteil der Verstorbenen an nachgewiesenen Corona-Fällen. Da es trotz der inzwischen vielen Tests eine womöglich hohe Dunkelziffer bei Neuinfektionen gibt, dürfte der Anteil der Toten an allen Infizierten noch niedriger sein. Diesen Wert bezeichnet die Infektionssterblichkeit.
Wert der Infektionssterblichkeit dürfte deutlich niedriger liegen
Eine Studie zur Infektionssterblichkeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte in der vergangenen Woche (The European berichtete) für Aufsehen gesorgt. Laut dieser, die federführend von Professor John Ioannidis von der kalifornischen Stanford University durchgeführt wurde, werden in den meisten Weltregionen vermutlich weniger als 0,2 Prozent aller Corona-Infizierten sterben. Diese Sterblichkeit variiere, so der Wissenschaftler, stark von verschiedenen Faktoren ab: von der Altersstruktur der Gesellschaft zum einen und zum anderen davon, wie sehr es gelingt, Risikogruppen zu schützen.
Seit dem Ausbruch des Coronavirus wird immer wieder darüber diskutiert, welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus überhaupt sinnvoll sind: In den vergangenen Tagen hatten Experten vorgeschlagen, dass bei der Abwägung über neue Corona-Einschränkungen auch andere Parameter als nur die Fallzahlen herangezogen werden sollten - so etwa auch die Sterblichkeit und die Hospitalisierungen, also die Zahl der behandelten Patienten in Kliniken.
Bundesregierung verhängt „Lockdown light“
Am 28. Oktober 2020 hatte die Bundesregierung erneut einen Lockdown verhängt. Nach dem ersten im Frühjahr soll der zweite eine Art „Lockdown light“ sein. Doch so „light“ ist er nicht. Wie im Frühjahr werden durch diese leicht modifizierte Version viele Grundrechte der Bundesbürger eingeschränkt. Das rigide Vorgehen von Bund und Ländern hatte als Reaktion eine ganze Reihe von Kritikern auf den Plan gerufen. Kritik an den Beschlüssen kommt nicht nur von Gastronomen und aus der Eventbranche. Auch Politiker haben sich unterdessen kritisch gegen die gemeinsame Entscheidung von Bund und Ländern ausgesprochen. Als erster wollte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die LINKE) eine Zustimmung seiner Regierung zu einem derartigen Beschluss nicht geben.
Im Gegensatz zu einer Vielzahl von Politikern aus der Union, die einen erneuten Lockdown legitimierten und für bundeseinheitliche Regeln plädierten, sieht das FDP-Fraktionsvize Christian Dürr anders. Er hat bei erneuten Schließungen von Betrieben in der Coronakrise vor massiven Folgen für die Wirtschaft gewarnt. „Ein neuer Lockdown wird vielen Betrieben den Boden unter den Füßen wegziehen.“ „Bund und Länder hatten monatelang Zeit, sich auf die zweite Welle vorzubereiten. Statt die Gastronomie und andere Branchen stillzulegen, hätte ich erwartet, dass die Kanzlerin einen Akut-Plan für mehr Personal in den Gesundheitsämtern und Konzepte für eine digitale Kontaktnachverfolgung vorlegt.“
Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hält die aktuellen Einschränkungen des zweiten Lockdowns für rechtswidrig und hat Betroffene aufgerufen, rechtliche Mittel gegen stark einschneidende Corona-Maßnahmen einzulegen. „Ich halte die aktuellen Beschlüsse in Teilen für rechtswidrig. Wenn die Runde der Regierungschefs Maßnahmen verabredet, die bereits mehrfach von Gerichten aufgehoben wurden, wie das Beherbergungsverbot, dann ignorieren die Beteiligten bewusst die Gewaltenteilung. Ich rufe alle Betroffenen auf, rechtliche Mittel gegen diese Maßnahmen einzulegen”, sagte der FDP-Politiker der „Rheinischen Post”.
Hintergrund
Die Zahl der Corona-Infizierten ist in den letzten wieder Wochen ständig gestiegen. Am Donnerstag, den 29. Oktober, überschritten sie die 16.000er-Marke. Immer mehr Menschen in der Bundesrepublik infizieren sich mit dem Coronavirus, dennoch ist die Sterblichkeit im Gegensatz zum Frühjahr weiterhin kontinuierlich niedrig. Kritiker von Lockdown und strengen Anti-Corona-Maßnahmen hatten schon zu Sommer-Ende eine zweite, aber harmlosere Corona-Welle vorhergesagt, mit weit weniger Toten. Trotz vieler Experten hat die Bundesregierung mit ihrem soften Lockdown alle Geschütze wieder vollgeladen. Es bleibt zu hoffen, dass sie damit nicht auf Spatzen schießt.