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Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater John Bolton hat US-Präsident Donald Trump in einer Rede vor Journalisten in Hongkong für seine China-Politik gelobt. Dies ist ungewöhnlich, gilt doch Bolton als Trumps schärfster Kritiker, was die Chinapolitik des Republikaners betrifft. Doch er warnt: Wenn Trump ein zweites Mal ins Weiße Haus einzieht, könnte er sich China wieder annähern und mit Xi Jinping Hinterzimmer-Geschäfte machen.

Die wirtschaftliche Entkoppelung zwischen den Vereinigten Staaten und China sei „nicht nur möglich, sondern geschieht bereits“, so Bolton in einer Videoansprache vor Hongkongs „Foreign Correspondent Club“. Multinationale Unternehmen erwägen bereits, ihre Lieferketten schrittweise aus China heraus zu verlagern, weil sie genug von der „staatlichen Spionage“ haben. Apple, Samsung und Nintendo verlagern ihre Produktion bereits Richtung Vietnam. Eine Umfrage unter 200 multinationalen Unternehmen, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, belegt, dass 95 Prozent der US-Einkäufer planen, ihre Lieferantenbasis von China weg zu verlagern. Wie Bolton betonte, sei auch eine finanzielle Entkoppelung von China im Gespräch, bei der die Vereinigten Staaten China oder Hongkong den Zugang zu Märkten, die in US-Dollar abgewickelt werden, einschränken.
Doch bei allem Lob, Bolton, der in seinem Enthüllungsbuch „The Room Where It Happened“ (Der Raum, in dem es geschah) Trump vorgeworfen hatte, beim US-Wahlkampf Chinas Präsidenten Xi Jinping um Hilfe geben zu haben, wies erneut darauf hin, dass Donald Trump viel zu nachsichtig mit Peking umgehe. Wenn Trump im November siegt, so die Befürchtung Boltons, wird es zu einer Wiederaufnahme der Handelsgespräche mit China kommen, um ein weiteres Handelsabkommen anzustreben. „Wenn er die Wiederwahl am 4. November gewinnt, ist es durchaus möglich, dass er seinen Kumpel Xi Jinping anruft und sagt: 'Hey, lasst uns ein Hinterzimmer-Geschäft machen'“.
Außerdem äußerte sich Bolton kritisch zu Trumps Verständnis von Menschenrechten. Diese seien dem US-Präsidenten letztendlich egal, Hauptsache die Wirtschaft funktioniere. Den „weißen Wal“ im Weißen Haus
Asyl für Bürger Hongkongs
Bolton forderte die Vereinigten Staaten dazu auf, ihre Grenzen für Hongkonger öffnen, die nach der Verhängung des Gesetzes zur nationalen Sicherheit aus der Stadt fliehen.“ Wenn Bolton die strikte US-Einwanderungspolitik gegenüber Migranten aus lateinamerikanischen Ländern verteidigt, plädiert er dafür, Bürger aus der ehemaligen autonomen Provinz Hongkong aufzunehmen. „Ich bin sehr für Einwanderung, und ich denke, was Großbritannien, Kanada und andere im Hinblick auf ein mögliches politisches Asyl für Hongkong getan haben, sollten auch die Vereinigten Staaten tun, deshalb bin ich für mehr Einwanderung.“ Und fügte hinzu. „Ich denke, das ist es, was Amerika stark macht - das hat es historisch gesehen. Das ist der große Vorteil, den wir gegenüber fast jedem anderen Land der Welt haben.“
Hintergrund:
Bolton war ein aggressiver Kritiker von Trumps China-Politik. Insbesondere nachdem er im September 2019 seinen Posten als nationaler Sicherheitsberater verlor – eine Funktion, die er 17 Monate lang innehatte. Bolton hatte unter jedem republikanischen Präsidenten bis hin zu Ronald Reagan gearbeitet. Sein Buch „The Room Where It Happened“ (Der Raum, in dem es geschah) stürmte bei seiner Veröffentlichung im Juni an die Spitze der Bestsellercharts. Boltons Behauptung, Trump habe den chinesischen Präsidenten Xi Jinping über die Verfolgung der Uiguren in Xinjiang gelobt, sorgte für weltweite Schlagzeilen.
Analysten und hohe Militärs sind sich einig, dass die Beziehungen zwischen den USA und China auf dem niedrigsten Stand seit der Normalisierung im Jahr 1979 sind. Angeheizt wird die schlechte Stimmung durch Spannungen bei territorialen Streitigkeiten, so der Militarisierung im Südchinesischen Meer und der Situation in Hongkong. Amerika wird China immer wieder vor, das Coronavirus als Biowaffe eingesetzt zu haben. Dennoch glaubt Bolton nicht, dass die Lage deeskaliert. An einen militärischen Krieg zwischen den beiden Supermächten glaubt er nicht. „Ich sehe ihn in naher Zukunft nicht. Es wird Peking hoffentlich eine Chance geben, von seinem provokativen Verhalten etwas Abstand zu nehmen.“