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Europa > Deutsche Produkte hängen seit Monaten fest

Deutsche Produkte hängen seit Monaten fest. Ministerium bedauert „verlängerte Bearbeitungszeit“

Deutschland war einmal Exportweltmeister. Doch das ist längst vorbei. Deutsche Unternehmen klagen über massive Exportverzögerungen durch den eigenen Staat. Allein im Hamburger Hafen stecken Waren im Wert von 85 Millionen Euro fest, weil eine Wirtschaftsminister Robert Habeck unterstehende Behörde keine Genehmigung erteilt. Jetzt äußert sich das Ministerium: Man bedauere „verlängerte Bearbeitungszeiten“.Von Andreas Kempf und Oliver Stock / The European

Kein Liegplatz mehr frei und trotzdem kaum Betrieb bei der Container Abfertigung.
Kein Liegplatz mehr frei und trotzdem kaum Betrieb bei der Container Abfertigung.

Deutschland ist einmal das Land gewesen, das sich Exportweltmeister nannte, und die Unternehmen waren stolz darauf. Inzwischen ist der Titel futsch, China liegt vorn. Dass Deutschland nun aber möglicherweise auf noch weiter hinten liegende Plätze durchgereicht wird – das hängt auch mit einer  schleppenden Genehmigungspraxis zusammen, die sich das Bundesamt für Ausfuhrkontrollen, kurz Bafa, leistet. Das Bafa untersteht Robert Habecks Wirtschaftsministerium. Und von dort kommen jetzt erste Worte des Bedauerns.

Doch der Reihe nach: Nicola Leibinger-Kammüller ist Chefin des Maschinenbauers Trumpf aus Ditzingen bei Stuttgart. Sie hat es pünktlich zum 100jährigen Bestehen des Maschinenbauers geschafft, dass Umsatz und Gewinn um knapp ein Drittel zugelegt haben. Selbst in der Rezession kommt der Spezialist für Lasertechnik und Anlagen für die Chip-Produktion voran. Doch Leibinger-Kammüller ist geradezu verbittert, die Geschäfte könnten wesentlich besser laufen – würde nicht ausgerechnet jenes Bafa den Maschinenbauer ständig ausbremsen. Inzwischen sind sogar Aufträge der Schwaben gefährdet, weil Kunden ungehalten auf die langen Wartezeiten reagieren. Trumpf muss derzeit Monate auf die Exportgenehmigung für Waren warten, die das Unternehmen nach China liefern will. Die Trumpf-Führung erkennt darin sogar einen Widerspruch zum eigentlichen Kurs von Habeck. Die meisten blockierten Anlagen würden von Kunden geordert, die derzeit in China die Fertigung von Batterien für die E-Mobilität erweitern. Also eher für klimafreundliche Produkte.

Maschinen für 85 Millionen Euro blockiert

„Im Hamburger Hafen stehen deswegen derzeit fertige Maschinen im Wert von 85 Millionen Euro“, erklärt Hagen Zimer, bei Trumpf für das Geschäft mit Laser Technologie zuständig. Es handle sich nicht um kritische Hightech-Anlagen, versichert das Trumpf-Management. Darum sind die Verzögerungen für den Maschinenbauer auch so kritisch. „Es gibt genügend chinesische Wettbewerber. Wenn wir nicht liefern können, ist das Geschäft weg“, klagt Vorstandsmitglied Stephan Mayer. 

Trumpf ist nicht das einzige Unternehmen, das unter der Berliner Blockade leidet. Der Chip-Ausrüster Süss Micro-Tech aus Garching bei München musste im dritten Quartal einen geringeren Umsatz verbuchen und seine Prognosen nach unten revidieren, „weil die deutschen Zoll- und Ausfuhrkontrollbehörden den Dokumentations- und Prüfungsaufwand für Auslieferungen nach China seit August deutlich intensiviert haben“, teilt das Unternehmen mit. Die Bayern reagieren mit Unverständnis. Die rechtlichen Grundlagen für die Lieferungen hätten sich in den vergangenen Monaten grundsätzlich nicht verändert. Auch der Zoll schalte immer häufiger das Bafa ein, stellt Süss-Vorstandschef, Burkhardt Frick, fest, womit der Chip-Fabrikant im gleichen Flaschenhals landet wie die Maschinenbauer. 

„Fakt ist, dass Industrieunternehmen aus allen relevanten Branchen seit mehreren Monaten über Verzögerungen bei der Bearbeitung von Exportgenehmigungen klagen", bestätigt der Geschäftsführer des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA), Friedolin Strack. Der Außenhandelsverband BGA hält das nicht für einen Zufall. Die neue China-Strategie der Bundesregierung zeige hier Wirkung. 

Die Ampel-Regierung hatte vor dem Hintergrund des schwelenden Taiwan-Konflikts angekündigt, im Umgang mit China aufmerksamer zu sein. Inzwischen äußert sich erstmal das Bundeswirtschaftsministerium zu der Ausfuhr-Krise. Ein Sprecher verweist darauf, dass „die Genehmigungspraxis in der Dual-use Exportkontrolle kontinuierlich an die Erkenntnis- und Gefährdungslage angepasst werde.“ Daher sei es zutreffend, dass sich im Bafa in den vergangenen Monaten „die Bearbeitungszeiten bedauerlicherweise deutlich verlängert haben.“ Man arbeite daran die Verfahren zu beschleunigen. Dual-Use werden Waren dann genannt, wenn sie zu militärischen und zivilen Zwecken verwendet werden können. Warum es aber auch unbedenkliche Waren betrifft, erklärt das Ministerium nicht. Kommentiert wird auch nicht, dass vor allem Exporte nach China verzögert werden.

VDMA-Präsident Karl Haeusgen hatte das Problem „Exportkontrolle China“, zuletzt Ende August, gegenüber dem Wirtschaftsministerium adressiert und um Gespräche gebeten. Bisher noch ohne Reaktion. Die Blockade betreffe auch Güter, für die keine Ausfuhrgenehmigung erforderlich ist. „Hier hält der deutsche Zoll freie Exporte auf, ohne dass eine Ausfuhrbeschränkung besteht. Eine korrekte förmliche Begründung wird in aller Regel verweigert, mündlich verweisen Zollbeamte gelegentlich auf „interne Anweisungen“, zu denen sie keine Auskunft geben dürfen“ teilt ein VDMA-Sprecher auf Nachfrage mit. Diese rechtlich höchst zweifelhafte Praxis sei für Exporteure unzumutbar.

Ausfuhren nach China seien schwierig bestätigt DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Auch er hat dafür eine klare Begründung: „Das ist Bestandteil der Politik." Um ja keinen Fehler zu machen sichere sich das Bafa offenbar oft in Berlin ab. Das Wirtschaftsministerium entscheide aber auch nicht sofort selbst, sondern tausche sich mit den USA aus. Dort sind die politischen Vorbehalte gegen China besonders groß. So wurden zuletzt die Export-Bestimmungen für Hochleistungschips verschärft. Der transatlantische Behörden-Pingpong zieht die Genehmigungsverfahren in die Länge. 

Davon profitierten Firmen aus dem Ausland, sagt Süss-Chef Frick. Der Halbleiter-Spezialist ASML aus den Niederlanden, Fricks ehemaliger Arbeitgeber und heutiger Wettbewerber, verzeichnet Rekordumsätze mit Kunden aus China. Die Deutschen dagegen haben das Nachsehen.

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