Der Wirtschaftsminister ist Teil eines Kabinetts, das nicht als Dream-Team in Erinnerung bleiben wird – weder was die Performance noch was den Zusammenhalt angeht. Auch er hat Fehler gemacht. So hat er seinen richtigen Anregungen für einen europäischen Marshallplan keine Konzepte folgen lassen und auch die eine oder andere unbedachte Äußerung ließ Fragen nach der Professionalität aufkommen.
Nun aber, nicht mehr lange vor der Bundestagswahl, hat Philipp Rösler etwas gezeigt, was man nur wenigen seiner Kabinettskollegen attestieren kann: Er hat ein wichtigstes Zukunftsthema erkannt und bespielt dieses mit einer gewissen Nachhaltigkeit. Und dafür gebührt ihm weder Spott noch Häme, sondern Lob und Unterstützung. Daran fehlt es allerdings – auch von denen, um die es eigentlich geht.
Deutschland ist wenig gründerfreundlich
Wer immer davon spricht, dass Deutschland als ressourcenarmes Land auf Wissen, Innovation und Kreativität – sprich: auf die Köpfe seiner Bürger – angewiesen ist, darf dabei nicht immer nur in Richtung der Großunternehmen und des Mittelstandes schauen. Mit jedem ins Arbeitsleben eintretenden Jahrgang wird der Anteil derer, die sich jenseits der Festanstellung für die Selbständigkeit oder sogar eine Unternehmensgründung entscheiden, größer. Das erhöht die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft – und damit der Gesellschaft insgesamt.
Allerdings sind die Voraussetzungen hierzulande alles andere als gut. Wirtschaftsförderung ist immer noch so strukturiert, dass sie vor allem industrielle Investitionen fördert – Maschinenparks statt Köpfe gewissermaßen. Dabei wurde genau in den Bereichen immer fröhlich gefeuert, wenn die Krise kam oder die Rendite optimiert werden sollte. Wer eine gute Idee hat, ohne gleichzeitig das nötige Kleingeld zur Gründung zu haben, muss entweder arbeitslos sein oder direkt von der Uni kommen, um Förderung zu erhalten. Die Banken geben sich gerne zugeknöpft und auch Risikokapital findet sich vielleicht noch für den Early-Stage-Bereich, beim Thema Wachstumsfinanzierung wird es spätestens richtig eng in Deutschland. Von der Bürokratie und dem katastrophalen Steuersystem, die kleinen Unternehmen und Selbstständigen schon seit Langem die Luft zum Atmen nehmen, ganz zu schweigen.
Deutschland ist kein übermäßig gründerfreundliches Land – auch weil Gründer lange keine Lobby hatten. Immerhin, der “Bundesverband Deutsche Startups”:https://deutschestartups.org/ versucht das seit einiger Zeit zu ändern. Aber man braucht eben auch einen Ansprechpartner auf der anderen Seite, der einen ernst nimmt. Es mag vielen nicht passen, dass es sich dabei um Philipp Rösler handelt – und so sucht man dann nach Gründen, die Reise, mit der er die Tür nach Amerika für einige deutsche Start-ups geöffnet hat, doch nicht gut zu finden.
Das ist aber so vorhersehbar gewesen, wie es kleinkariert ist. Und zwar vom politischen Gegner genauso wie von manchem Pressevertreter. Wer den Wirtschaftsminister schlecht aussehen lassen will, sollte es auf anderem Weg versuchen. Zum Beispiel mit Vorschlägen und Initiativen, die weiter gehen als seine Reise und die Lösungen für konkrete Probleme anbieten. Und diejenigen, um die es geht, sollten nicht schweigen, wenn Initiativen wie die von Philipp Rösler öffentlich heruntergeredet werden. Denn wenn sie das zulassen, wird es davon in Zukunft sicher nicht mehr davon geben.
Es lohnt sich, zu kämpfen
Eine der Teilnehmerinnen der Delegation hat sich immerhin ein Herz gefasst und “in der Berliner „BZ“ Stellung bezogen”:http://www.bz-berlin.de/aktuell/deutschland/so-war-das-wirklich-mit-roesler-in-den-usa-article1684433.html. An ihr sollten sich andere Gründer ein Beispiel nehmen, unabhängig davon, wo sie ansonsten politisch stehen. Denn die Fragen der Zukunft werden nicht nur im Bereich der Netzpolitik beantwortet werden, sondern auch bei den Voraussetzungen für Unternehmensgründungen und die Nutzung des kreativen Potenzials der Gesellschaft. Dafür, dass hier nicht die Beharrungskräfte die Oberhand behalten, lohnt es sich mindestens genauso, über den eigenen Schatten zu springen und zu kämpfen wie gegen Netzsperren oder für die Netzneutralität.